Der Westen der USA hat weitaus mehr zu bieten als viele Menschen wissen – nicht nur Metropolen wie Los Angeles, San Francisco oder Las Vegas gibt es dort, sondern auch Plätze, die man nur zu Fuß erreichen kann. Dazu kann ich nur eines sagen – diese Orte sind es wirklich wert. Einer von diesen Plätzen heißt Angels Landing und liegt im Zion Nationalpark. Ihn besuchen wir auf unserer Reise im Südwesten der USA.
Short Facts Angels Landing
- Länge des Trails: 8,6 Kilometer
- Dauer: 4 – 5 Stunden
- Höhenunterschied: 453 Höhenmeter
- höchster Punkt: 1765 Meter
- Schwierigkeitsgrad: mittel (für den letzten Teil sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit wichtig)
Die Wanderung zum Angels Landing
Der Start
Die Wanderung startet bereits um 8:00 in der Früh, denn vor uns liegen gut 5 Stunden Auf- und Abstieg und wir wollen rechtzeitig der Mittagshitze entkommen. Der bestens organisierte Shuttle Service des Nationalparks bringt uns zum Ausgangspunkt der Wanderung: “The Grotto“. Nachdem wir die Parkstraße überquert haben, gelangen wir zu einer kleinen Holzbrücke, die über den Virgin River führt. Saftig grüne Bäume wachsen entlang des Flussufers und spenden einen angenehmen Schatten. Auf einer gut asphaltierten Straße setzen wir unseren Weg entlang des Flusses fort. Nach einer guten halben Stunden erreichen wir den Refrigerator Canyon. Von der prallen Sonne tauchen wir ein in den erfrischenden Schatten der zahlreichen Bäume. Kaum zu glauben, dass hier im Winter sogar Schnee liegt.
1,75 km sind bereits geschafft, doch nun startet der anstrengendere Teil der Wanderung. Direkt vor unseren Augen türmt sich die 1765m hohe Felsformation im Zion Canyon auf und bereits jetzt erahne ich, dass diese Wanderung zu Angels Landing etwas ganz besonders ist.
Der anstrengende Aufstieg
21 steile und enge Spitzkehren, die jeweils kaum länger als 10 Meter sind, liegen vor uns – Walter’s Wiggles. Benannt sind sie nach dem ersten Leiter des Zion Nationalparks Walter Reusch. 1925 äußerte er den Wunsch den Canyon auch von oben betrachten zu können, deshalb beauftragte er zahlreiche Arbeiter, die mit Hilfe von einfachsten Werkzeugen und Maultieren einen Weg in den Fels hauen sollten. Zur Erbauung des Weges wurden nur natürliche Materialien benutzt, weshalb es den Eindruck macht, als ob er schon immer dort gewesen ist. Das Wort “Wiggle” bedeutet schlängeln und bezieht sich auf die vielen Serpentinen, die auf der rechten Seite des Canyons empor führen. Durch sie legen wir einen großen Höhenunterschied zurück. Schon purzeln die ersten Schweißperlen von meiner Stirn, doch die Anstrengung soll sich belohnt machen.
Kurz bevor das ganze Tal ersichtlich ist, verschwinden wir hinter dem Berg – schade denk ich mir. In dem Moment weiß ich aber nicht, dass wir schon wenige Momente später Ausblicke genießen dürfen, die ich noch nie zuvor erlebt hatte.
Ankunft am Scout Lookout
Nun befinden wir uns auf der Hinterseite des Berges und kurze, steile Serpentinen ziehen sich weiter den Berg hinauf. Begleitet werden wir von Eichhörnchen, die gerne den einen oder anderen Wanderern mal aus der Hand fressen. Am Ende der Serpentinen angekommen fehlen uns nur noch 70 Höhenmeter für den Gipfel – das wird ja ein Kinderspiel, denk ich mir – naja falsch gedacht. Hier wartet eine Rangerin des Nationalparks um uns auch nochmal darauf hinzuweisen, dass ab hier wirklich nur erfahrene und trittsichere Wanderer etwas zu suchen haben. Wer sich hier nicht weiter traut, kann trotzdem den unglaublich schönen Ausblick vom Scout Lookout über den Zion Nationalpark genießen.
The Step of Faith – Schritt für Schritt
Ich kann ja von mir nicht behaupten, dass ich Höhenangst habe. Aber in diesem Moment hat sich mein Mut schnell verabschiedet. Doch ich war mir sicher – mit voller Konzentration geht das leicht.
Dieser Teil der Wanderung geht an einer Eisenkette entlang und ist ein sehr schmaler Steig am Berg. In den Momenten, als Wanderer uns entgegen kamen, habe ich gar nicht gemerkt, wie geschickt wir aneinander vorbei gingen und auch die doch bedenkliche Höhe war schnell vergessen. Dieser Teil der Wanderung wird auch „step of faith“ genannt. Das trifft es auf den Punkt, wie ich meine – Schritt des Glaubens. Nur wenn man wirklich an sich selber glaubt und sich vertraut, ist dieser Teil der Wanderung machbar.
Am Landeplatz der Engel
Für diese rund 70 Höhenmeter haben wir dann doch gut eine Stunde benötigt, dann waren wir am Gipfel angekommen. Die Aussicht verschlug uns die Sprache. Noch nie hatte ich so eine Schönheit gesehen und erlebt. In nördlicher und südlicher Richtung blickten wir in den Zion Canyon, in dem wir vor wenigen Stunden noch standen. Außerdem konnten wir auch den Virgin River erkennen, entlang dessen der Scenic Drive verläuft. In nordöstlicher Richtung machten wir den Observation Point aus, der nochmal 200 Meter höher als Angels Landing ist. Die Wanderung dorthin ist jedoch weniger anspruchsvoll und im Süden zeichnete sich The Great White Throne ab, eines der berühmtesten Wahrzeichen des Zion Nationalparks.
Diese Wanderung ist eine Herausforderung – ja das ist sie. Aber jede Reise oder Wanderung ist eine und sie wartet eigentlich nur darauf, dass jemand kommt und sie bezwingt. Ich werde diese Tour in meinem Leben nie vergessen.