Der erste Schnee ist bei uns schon gefallen, die Natur kommt zur Ruhe. So auch die Wirtsleute von Almen und Hütten. Susanne und Sigmar – die Hüttenpächter der Sulzenauhütte – sind, wenn es auf über 2.000 Metern Höhe richtig kalt wird, auch wieder im Tal. Mein Name ist Tamara Gleirscher und meine Eltern sind die Wirtsleute der Sulzenauhütte im Stubaital. Das Leben auf einer Hütte ist anders als im Tal, so viel ist sicher. In diesem Blogbeitrag möchte ich euch einen kleinen Einblick in unser Leben geben. Wenn ihr schon einmal mit ASI bei der geführten Trekkingreise von Innsbruck nach Meran bei uns wart oder schon mal mit dem Gedanken gespielt habt, eine Saison auf einer Hütte zu verbringen, dann bietet euch dieser Beitrag Informationen aus erster Hand. Zudem erhaltet ihr wertvolles Hintergrundwissen für euren nächsten Hüttenbesuch.
Das Hüttenleben
Auf der Hütte ist eigentlich immer was los. Sei es Besuch vom Tal, über den wir uns immer freuen, ein Hubschraubereinsatz oder eine Feierlichkeit. Im folgenden Absatz beantworte ich Fragen, die uns häufig von interessierten Gästen gestellt werden.
Häufig gestellte Fragen von unseren Gästen
Warum betreibt ihr die Sulzenau Hütte?
Der entscheidende Grund ist, dass wir es – trotz allen Herausforderungen – gerne tun. Meine Eltern sind gesellige Leute und wenn es die Arbeit erlaubt, ratschen sie ganz gern mal mit den Gästen, die aus allen möglichen Ländern zum Wandern nach Tirol kommen. Außerdem betreibt unsere Familie die Sulzenauhütte schon seit der ersten Stunde, als sie 1927 erbaut wurde. Aufgrund dieser langen Geschichte, die ihr weiter unten in diesem Blogbeitrag lest und der Schönheit der Berge rund um die Hütte schlagen unsere Herzen für diesen Fleck Erde.
Bleibt ihr immer auf der Hütte?
Diese Frage ist, neben der Frage wie das Wetter morgen wird, wohl die am häufigsten gestellte. Wie die meisten Alpenvereinshütten, ist auch unsere Hütte nicht über einen Fahrweg erreichbar. Vom Tal herauf führt ein Steig mit ca. zwei Stunden Gehzeit. Aus diesem Grund bleiben wir, außer zu sehr wichtigen Anlässen, den ganzen Sommer über auf der Hütte. Die Lebensmittel bekommen wir ca. zwei Mal in der Woche über eine Materialseilbahn geliefert, was auch erklärt warum die Preise auf den meisten Hütten ohne Fahrweg etwas höher sind als im Tal.
Wie findet ihr das Leben auf der Hütte?
Auf eine gewisse Art ist man isoliert. Von den Geschehnissen in der Welt bekommen wir dort oben nicht besonders viel mit. Ich habe aber in keiner Art und Weise das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn ich die News nicht immer sofort erfahre. Eher sehe ich es als Privileg, für ein paar Monate abschalten zu können. Außerdem gelangen die wichtigen Nachrichten durch die Gesprächsthemen der Leute doch meistens zu uns.
Auf der anderen Seite ist man nie alleine. Die Angestellten und wir leben wie in einer Art WG – man sieht sich den ganzen Tag und Privatsphäre ist ein Fremdwort. Außerdem kann die Arbeit auch sehr stressig sein, besonders bei schönem Wetter und am Wochenende. Dann kommen die Einheimischen vom Tal zum Mittagessen herauf und viele Gäste übernachten bei uns – wir haben ca. 100 Schlafplätze. Die Arbeit hört an solchen Tagen nie auf und zur Ruhe kommen wir erst wieder, wenn das Wetter schlecht wird. Wie das Leben auf unserer Hütte ist, ist also auch extrem wetterabhängig. Wenn es schön ist, würden wir meistens noch zwei Leute zusätzlich für die Arbeit benötigen. Wenn es länger schlecht ist, wissen wir manchmal nicht wie wir die Tage rum bekommen.
Nach der Hüttensaison kommt uns das Leben “unten im Tal” komisch vor. Vor allem die Hektik der Stadt ist ungewohnt. Was mich auch immer wieder fasziniert, ist, wie schnell einem das Autofahren plötzlich vorkommt. Doch ich gewöhne mich auch rasch wieder um.
Was macht ihr im Winter?
Natürlich gibt es auch Hüttenwirte die das Klischee erfüllen und im Winter als Schilehrer arbeiten und im Sommer auf der Hütte sind. Das ist in unserem Fall nicht so. Mein Papa arbeitet im Winter in einer Fabrik. Er sagt, dass er froh ist, wenn er im Winter nicht so viel reden muss. Meine Mama genießt den Winter beim Schifahren und Schitouren gehen, aber kümmert sich währenddessen schon um die Korrespondenz der Anfragen für die kommende Sommersaison. Mein Bruder und ich befinden uns beide noch in der Ausbildung bzw. im Studium, was für unsere Eltern recht praktisch ist, weil wir so im Sommer Zeit zum Arbeiten auf der Sulzenauhütte haben.
Was macht euch am meisten Freude dort oben?
Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass wir es nicht gerne hören, wie schön die Landschaft ist und wie gut das Essen geschmeckt hat. Die wundervolle Natur um einen herum, Lob und natürlich auch konstruktive Kritik sind definitiv ein Ansporn für uns, die Hütte zu betreiben. Außerdem bedeutet das Leben auf einer Hütte auch, die kleineren Dinge zu schätzen. Zum Beispiel ist unsere Freude riesig, wenn uns jemand vom Tal exotisches Obst, wie Mangos oder Melonen, mitbringt. Solche Leckereien landen bei nämlich kaum auf unseren Tellern.
Informationen zur Sulzenauhütte
Damit ihr uns nach all diesen Infos auch besuchen kommen könnt, beschreibe ich noch kurz die Lage der Hütte und die Öffnungszeiten.
Die Sulzenau ist, wie die meisten Hütten am Höhenweg, eine Sommerhütte. Daher haben wir jedes Jahr von Mitte Juni bis Ende September geöffnet. Wenn die Hütte offen ist, dann 7 Tage die Woche und rund um die Uhr. Das aktuelle Datum ist jedes Jahr auf unserer Sulzenauhütten Homepage oder auf unserer Facebookseite zu finden. Im Winter herrscht in der Umgebung der Hütte die meiste Zeit Lawinengefahr, die Konditionen (Wetter, Schneelage, Lawinengefahr usw.) sollten für eine Schi-Tour zur Sulzenauhütte also schon sehr gut passen. Es ist daher empfehlenswert mit einem Bergführer über den Pfaffenferner zur Hütte zu kommen. Einen Winterraum hat die Alpenvereinshütte selbstverständlich, den Schlüssel dafür könnt ihr bei uns im Tal abholen.
Lage der Sulzenauhütte
Die Sulzenauhütte liegt im Stubaital, in Tirol. Der Aufstieg befindet sich kurz vor dem Ende der Gletscherstraße auf der linken Seite. Die Hütte selbst liegt umringt von Gipfeln und Seen an einem der für mich schönsten Plätze überhaupt.
Es ist der perfekte Standort für diverse Touren, sei es die Alpenüberquerung von Innsbruck nach Meran oder kleinere Halbtageswanderungen zur blauen Lacke oder zum Grünausee. Auch eine Gipfelbesteigung zur Maierspitze, aufs Niederl, auf den Aperen Freiger oder den Großen Trögler bieten sich an. Etwas alpiner ist die Besteigung des Wilden Freiger. Die Hütte ist Teil des Stubaier Höhenwegs und die „Nachbarhütten“ sind die Nürnbergerhütte sowie die Dresdnerhütte.
Geschichte der Sulzenauhütte
Wie vorher erwähnt, ist die Geschichte unserer Familie eng mit der Geschichte der Sulzenauhütte verbunden. Die folgenden Zeilen sind nur eine kurze Zusammenfassung der gesamten Geschehnisse.
Von 1925 bis 1927 wurde die Hütte von der Sektion Leipzig erbaut. Die erste Pächterin war Martha Haas, die Tochter von Alois Schöpf. Alois Schöpf war der ehemalige Grundbesitzer des Gebiets, auf dem die heutige Sulzenauhütte steht. Er verkaufte den Grund an den deutschen Alpenverein mit der Vereinbarung, dass die Bewirtschaftung von Mitgliedern der Familie Schöpf erfolgen soll. Martha und ihr Mann Heinrich Haas führten die Hütte über 40 Sommer lang.
Von 1970 bis 2000 übernahm der Neffe von Martha, Leo Schöpf, die Hüttenpacht. Er machte das gemeinsam mit seiner Frau Erika. Die beiden sind meine Opa und Oma. Leo war von klein auf bei seiner Tante auf der Hütte und als junger Bergführer dazu prädestiniert, die Pacht zu übernehmen. Im April 1975 zerstörte eine Lawine beinahe die gesamte Hütte. Ein Jahr später wurde mit dem Wiederaufbau begonnen und 1979 wurde die neue Hütte eingeweiht.
Nach 30 Jahren Führung übernahm sein Sohn Norbert Schöpf im Jahr 2000 die Hütte und führte sie mit seiner Frau Rebecca weiter. Insgesamt betrieb er die Sulzenau 13 Jahre lang.
Im Jahr 2014 wurde die Hütte von Grund auf renoviert und für die Mitarbeiter angebaut, gleichzeitig übernahmen Susanne Gleirscher (Norberts Schwester) und ihr Mann Sigmar Gleirscher die Pacht der Hütte. Die beiden sind meine Eltern.
Im Lauf dieser langen Zeit hat sich auch in der Sektion Leipzig viel getan, außerdem haben sich die Umstände der Verpflegung und des erwarteten Komforts grundsätzlich verändert. Daher sind wir auch stolz darauf, dass die Hütte nach so langer, teilweise turbulenter Zeit immer noch von Familienmitgliedern der Familie Schöpf geführt wird.
Ich hoffe ich konnte euch mit meiner Liebe zu diesem Ort begeistern und euch einen Eindruck davon geben, wie das Leben bei uns auf der Sulzenauhütte so ist. Wir freuen uns, wenn ihr uns mit der geführten Wandertour von Innsbruck nach Meran mit ASI oder privat einmal besuchen kommt.