Frisch verschneit und unverspurt, so sind uns die Hänge im Winter am Liebsten und das Herz eines jeden Tourengehers oder Freeriders macht an solchen Tagen Freudensprünge. Doch die eigene Sicherheit und auch die der Anderen steht natürlich immer im Vordergrund. Und dazu gehört natürlich das Abschätzen der vorherrschenden Lawinenlage und das Treffen von Entscheidungen. Bei den Ausbildungskursen der ASI wird grundlegendes Wissen theoretisch vermittelt und bei der Tourenplanung und im Gelände praktisch umgesetzt.
Grundsätzlich gibt es in der Lawinenkunde unterschiedliche Herangehensweisen, um das Risiko und die Sicherheit im Gelände abzuschätzen. Zu beachten ist allerdings, dass jede getroffene Entscheidung immer nur so gut ist wie die Handlung, die davon abgeleitet wird. Leider ist es oftmals gar nicht so einfach Entscheidungen zu treffen – vielleicht macht uns der komplexe Aufbau der Schneedecke unsicher oder wir haben Schwierigkeiten theoretisch erlerntes Wissen aus der klassischen Lawinenkunde in die Praxis umzusetzen. Deshalb haben viele Experten in diesem Bereich, allen voran der Schweizer Werner Munter, neue Ansätze zur Lawinenkunde entwickelt. Diese basieren zumeist auf den folgenden drei Bausteinen:
- der Zusammenhang von Steilheit und der Gefahrenstufe des Lawinenlageberichts
- die typischen Muster und Kennzeichen die auf Lawinengefahr hindeuten
- Standardmaßnahmen vor und während der Tour
Risiko-Management-Konzept STOP or GO:
Im Grunde ist es jedem selbst überlassen, welche Strategie zur Entscheidungsfindung verwendet wird. Bei den ASI Ausbildungskursen konzentrieren wir uns auf das Vermitteln der STOP or GO Methode als Werkzeug zur Entscheidungsfindung. STOP or GO hat den Vorteil, dass es leicht vermittelt werden kann und dass die Entscheidungen in einem zweiten Filter nochmals überprüft werden. Das Konzept STOP or GO wurde von den Bergführern Michael Larcher und Robert Purtscheller (Österreichischer Alpenverein) entwickelt.
Check 1
Check 2
Die STOP or GO Methode hat zum Vorteil, dass die elementare Reduktionsmethode durch den Check 2 nochmals überprüft und abgesichert wird. Daraus ergibt sich eine größere Sicherheit und ein vermindertes Risiko eine Lawine auszulösen. Damit die Anwender dieser Methode nicht durch den relativ hohen Verzichtfaktor von der Anwendung abgeschreckt werden, gibt es „Go Faktoren“, die klar definiert sind:
„eindeutig begünstigte Exposition“
Aus der Hangrose des Lawinenlageberichts ist abzulesen, wo die beschriebenen Gefahrenstellen überwiegend zu finden sind. Zusammen mit den eigenen Beobachtungen im Gelände lässt sich daraus eine begünstigte Exposition ableiten.
Stark verspurter Hang
In einem stark verspurten Hang, in dem es nicht mehr möglich ist, eine eigene Spur zu ziehen ohne andere Spuren zu berühren, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, ein Schneebrett auszulösen.
Aber Achtung: dieser Go-Faktor gilt nicht bei stark durchfeuchteter Schneedecke.
Tragfähiger Schmelzharschdeckel
Lässt sehr eindeutig auf stabile Verhältnissen schließen. Allerdings muss die tageszeitliche Erwärmung sehr genau beobachtet werden – für Sicherheit und Abfahrtsgenuss.
Dichter Wald
Nur geschlossene Waldflächen bieten Schutz vor Lawinen. Einzelne Bäume, lichter Wald und Erlensträucher vermitteln oft ein falsches Gefühl der Sicherheit.
Lawinensichere Geländeformen
Der Wind als Baumeister der Lawinen, genauer gesagt von Schneebrettlawinen, lagert gefährlichen Triebschnee in Mulden und Rinnen ab. Geländerücken sind deshalb meist sicherer zu begehen und zu befahren.
Standardmaßnahmen
Standardmaßnahmen vor der Tour
Lawinenlagebericht vor der Tour einholen (Gefahrenstufe laut 5-teiliger Skala), welche Gefahrenstellen und welche Gefahrenquelle werden angegeben. Die Lawinenlageberichte für Österreich: www.lawine.at
Europäische Lawinengefahrenskala mit Empfehlungen:
Wetterbericht abfragen, besonderes auch die Wetterentwicklung beobachten, Wind und schlechte Sicht (Nebel) können das Unfallrisiko stark erhöhen, welche Niederschlagsmengen sind zu erwarten? Eine gute Quelle ist die Webseite der ZAMG – Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
Karte/Führer/Internet aus Karte und Führerliteratur sind Exposition und Steilheit des Geländes ersichtlich, aktuelle Einträge in Internetforen geben Auskunft über aktuelle Verhältnisse. Ausweichziele in der Planung berücksichtigen
Gruppengröße und Zusammensetzung (Können und Risikobereitschaft der einzelnen Teilnehmer) sind zu berücksichtigen
Notfallausrüstung standardmäßig sind LVS (Lawinenverschüttetensuchgerät), Lawinenschaufel und -sonde, Handy, Biwaksack von allen Teilnehmern im winterlichen Gebirge mitzuführen; in der Gruppe auch ausreichend. Bergführer Gerhard erklärt im Video die richtige Ausrüstung für Skitouren>>>
Erste-Hilfe-Material (Rucksackapotheke); die Verwendung von Skihelm und Airbag wird empfohlen.
Standardmaßnahmen im Gelände
LVS-Check am Ausgangspunkt stellt sicher, dass alle Geräte funktionieren und auf Senden eingestellt sind. Video: Partnercheck richtig gemacht>>>
Abstände im Aufstieg verringern die Belastung der Schneedecke und verhindern den „Ziehharmonikaeffekt“ bei Spitzkehren; Abstände bei der Abfahrt/Einzelbefahrung steiler Hänge zur Verhütung von Kollisionen und Mehrfachverschüttung
Günstige Geländeformen berücksichtigen: Terrassen und Rücken für eine optimale Spuranlage nutzen, Augenmerk auf Gelände oberhalb und unterhalb (Absturzgefahr)
Laufende Orientierung: wenn die Karte erst aus dem Rucksack geholt wird, wenn man sich verlaufen hat, ist es zu spät
Klare Kommunikation: Anweisungen zu Abstand und Abfahrtsbereich werden klar und deutlich weitergegeben; regelmäßige Pausen; Gruppendynamik
Weitere Infos für dich
In unserer ASI Academy findest Du einen ausführlichen Online-Kurs zum Thema Skitouren.
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