„Good morning, this is your wake-up call”, tönt die Stimme des Kapitäns aus dem Lautsprecher durch die Schiffskabine. Ein Blick auf die Uhr, es ist 07:30 Uhr. Es folgt ein kurzer Wetterbericht, wolkenlos, windstill, Außentemperatur +2°C und die Information, dass um 08:00 Uhr das Frühstück stattfindet. So gemütlich beginnen Skitouren im April in Norwegen!
In seinem Reisebericht nimmt euch ASI Produktmanager Martin mit zu den Fjorden und verschneiten Hängen im Norden Norwegens. Was bedeutet es, in Norwegen im April Skitouren zu gehen – und das von einem Segelschiff aus? Erfahrt es in diesem Beitrag.
Reisebericht: mit Skischuhen & Schwimmweste in Norwegen
Über eine kurze, steile Stiege klettere ich rauf aufs Oberdeck, ein strahlender Morgen. Unser Schiff, die Rembrandt van Rijn ankert in einer einsamen Bucht im Langfjorden, die weißen Berge spiegeln sich im tiefblauen Wasser.
Die Schiffscrew trifft bereits Vorbereitungen, um uns an Land zu bringen. Die Zodiacs, robuste Schlauchboote mit Außenbordmotor, werden ins Wasser gelassen, während die Gäste im Speisesaal frühstücken und sich ihr Lunchpaket herrichten.
Um 09:00 Uhr stehen wir dann am Deck bereit. Mit Skischuhen und Schwimmweste. In den Alpen eher eine ungewohnte Kombination, aber hier am 3. Tag unserer 8-tägigen Skitourenreise von Tromso nach Alta bereits Routine. Ski und Stöcke sind zu einem handlichen Bündel zusammengeschnürt und werden vom Deck ins Schlauchboot gereicht, danach folgen die Rucksäcke. Mit zwei bis drei Schritten steigen wir über eine Leiter hinunter ins Boot und sind bereit zum Ablegen. Strahlende Sonne und die Aussicht auf perfekte Skihänge zaubern uns ein Lächeln ins Gesicht.
Ski & Sail in Nordnorwegen
Nach kurzer Fahrt drosselt unser Steuermann Jurij den Motor, mit leichtem Knirschen landet das Boot und wir legen an. Eine Handvoll bunter Häuser am Strand, wir sind in der Ortschaft Langfjordhamn.
Gerade einmal zwei Einwohner leben hier im Winter. Da beide erwachsen sind, wurde die Schule geschlossen. Im Sommer soll ein bisschen mehr los sein, jetzt aber genießen wir die Ruhe, kleben die Steigfelle auf die Skier und beginnen mit dem Aufstieg.
Ein schmaler Gürtel aus Birken ist rasch durchschritten, dann wird der Hang steiler. Der Schnee ist trotz der zarten Plus-Grade gefroren. Ein Blick zurück: die „Rembrandt“, unser schwimmendes Basecamp, liegt im Fjord vor Anker: na, wenn das kein gutes Foto wird…!
Der Gletscher Langfjordjokelen präsentiert sich als perfektes Skigelände. Makellose Hänge, soweit das Auge reicht.
Eine knappe Stunde später, in Kammnähe, weht dann schon ein anderer Wind. Es ist ein arktischer Gruß und erinnert uns daran, dass wir uns 440 km nördlich des Polarkreises befinden. Tief ziehen wir unsere Kapuzen ins Gesicht und stemmen uns gegen den Sturm.
Vom höchsten Punkt (1.064 m) bietet sich uns ein fantastischer Rundblick: die Insel Arnoya, auf der wir vorgestern waren, jede Menge Fjorde, unberührte Hänge und Skitourenmöglichkeiten für die nächsten zehn Winter. Eine kurze Abfahrt mit den Steigfellen fordert dann volle Aufmerksamkeit. Der Wind hat hier ganze Arbeit geleistet und bizarre Formen und Muster aus der Schneedecke herausgefräst. An einigen Stellen erreichen die Windgangl (Sastrugis) fast Kniehöhe.
Dann sind wir etwas windgeschützt und erreichen nach einem Gegenanstieg von 50 hm eine breite Rinne, die wir schon vom Boot aus einsehen konnten. Also Felle runter von den Skiern, Bindung umstellen, Helm auf. Nach einigen vorsichtigen Schwüngen wird der Schnee weicher und auf perfektem Firn gleiten wir hinunter zum Ufer des Langfjord. Aufgrund der flachen Sonneneinstrahlung bleibt der Harschdeckel auch am Nachmittag tragfähig.
Über Funk nimmt unser Bergführer Massimo Kontakt zur „Rembrandt“ auf, damit uns die Zodiacs abholen.
An Bord werden zuerst einmal die Skischuhe geputzt – Ordnung muss sein! Dann sammelt die Crew die Innenschuhe ein und bringt sie in den Maschinenraum. Dort können sie an eigens dafür montierten Haltern über Nacht trocknen.
Skitouren und Seeluft machen hungrig. Charlotte, die charmante Schiffsköchin aus den Niederlanden, hat eine kräftige Suppe gekocht. Perfekt dazu passt eine Dose Arctic Beer von Mack, der Bierbrauerei von Tromso. Den restlichen Nachmittag verbringen wir an Deck, genießen die Sonne und verfolgen mit gebührendem Sicherheitsabstand, wie die Crew den Anker lichtet. Der Wind steht günstig, beim Setzen der Segel dürfen die Passagiere mithelfen und dann nimmt das Schiff Kurs auf in Richtung der Insel Stjernoya. Dort liegt unser nächstes Skitourenziel.
Wolkenlos geht der Tag zu Ende, dunkel wird es aber erst gegen 23:00 Uhr. Dafür ist es um 03:00 Uhr in der Früh schon wieder hell. Der Vollmond sorgt dann dafür, dass es in diesen wenigen Stunden heute auch nicht richtig finster wird. Hier im Norden werden die Tage im April jede Woche eine Stunde länger. Im Mai schon wird es gar nicht mehr richtig dunkel.
Auch auf Stjernoya liegt der Schnee noch meterhoch und reicht bis zum Meer. Eine letzte Skitour, traumhafter Firn, unvergessliche Blicke auf das Meer und nach einer weiteren Nacht an Bord der „Rembrandt van Rijn“ erreichen wir das Ziel unserer Reise: die Stadt Alta. Abschiednehmen von der Crew, Umarmungen, Händeschütteln. Sehnsuchtsvolle Blicke folgen dem Schiff, das in drei Tagen in Spitzbergen sein wird.
Taxi zum Flughafen oder Bus brauchen wir hier nicht. Der Tower ist in Sichtweite, der Zugang zum Flughafen nur 500 m entfernt. Also schultern 29 Skitourengeher aus den USA, Niederlande, Deutschland, Italien und Österreich die Skisäcke und rollen ihre Koffer über den Asphalt. Kein Zufall, dass alle den gleichen Flug haben. Heute landet und startet in Alta nur eine einzige Maschine. Über hohe Lärmbelästigung können sich die Anrainer nicht beklagen.
Die letzten Momente
„Good morning, this is your wake-up call”, tönt die Stimme des Kapitäns, aber diesmal aus dem Handy von Rita-Maria. Die sympathische Skitourengeherin aus Udine hat die Lautsprecherdurchsage mit ihrem “cellulare” eingefangen. Als Weckton und als Erinnerung an Spaziergänge durch Tromso, Sturm und White-out auf Vanna, perfekte Firnhänge bis zum Ufer des Meeres auf Loppa, den Flug des Seeadlers im Frakkfjorden, gemütliche Nachmittage an Deck, Delphine, Robben und Moorschneehühner und ein schier endloses Abendrot.
Ski & Sail in Norwegen: Infos zu Reisedauer, Schiff & Verpflegung
Reisedauer: eine Woche Skitouren vom Feinsten
Die Schiffsreise von Tromso nach Alta ging acht Tage lang, mit sieben Übernachtungen an Bord der „Rembrandt van Rijn“ und sechs Skitouren mit Aufstiegen von 800 bis 1.200 hm.
Rembrandt van Rijn: das schwimmende Zuhause
Das schwimmende Basislager ermöglicht bequem das Erreichen von Skitourenzielen abseits von Straßen und Siedlungen.
In 16 Kabinen bietet das Schiff Platz für 33 Passagiere. Alle Kabinen verfügen über eigenes Bad/WC mit Dusche und Waschbecken, zudem sind sie voll klimatisiert. Die Temperatur der Heizung kann individuell eingestellt werden.
An Bord gibt es einen Aufenthaltsraum inklusive kleiner Bar sowie einen Speisesaal. Die Anlandung zu den Skitouren erfolgt mit Schlauchbooten (Zodiacs), wenn das Schiff ankert. Teilweise legt das Schiff auch an Landungsstegen an. In den Fjorden ist das Wasser meist ruhig, erst bei den Fahrten in Richtung offenes Meer besteht unter Umständen etwas stärkerer Seegang.
Werdet ihr leicht seekrank?
Solltet ihr anfällig für Übelkeit bei Wellengang sein, ist die Mitnahme von Tabletten oder Kaugummi empfehlenswert. Aber auch flach in der Kajüte liegen oder Beobachten des Horizonts hilft euch dabei, wieder ins innere Gleichgewicht zu finden.
Die Bordsprache ist Englisch, die Gäste kamen aus Österreich, Deutschland, Italien, Niederlande und USA.
Verpflegung: Meeresluft macht hungrig
Die Mahlzeiten an Bord sind inkludiert, abwechslungsreiches Frühstücksbuffet mit verschiedenen Sorten Brot, Müsli, Wurst, Käse, Eier, Bohnen, Marmelade und Honig. Nach dem Frühstück werden nochmals Platten mit Käse, Aufschnitt, Salat, Gurken und Tomaten gebracht, sodass sich jeder sein Lunchpaket zur Jause machen kann und die Thermosflaschen mit Teewasser füllt.
Tee + Kaffee können rund um die Uhr entnommen werden und sind im Reisepreis inkludiert. Das Schiff hat eine eigene Anlage zur Entsalzung von Meerwasser, das Leitungswasser ist trinkbar.
Das 3-gängige Abendessen findet als Buffet statt, teilweise wird es auch serviert. Am Nachmittag gibt es Suppe oder Kuchen.
Skitouren
Die Auswahl der Touren und die Führung der Teilnehmer übernahmen vier erfahrene Bergführer. Bei Aufstiegen zwischen 800 und 1.200 hm sind Vorkenntnisse beim Skitourengehen und eine gute Kondition Voraussetzung, um die Skitourenreise zu genießen. Folgende Fähigkeiten solltet ihr gut beherrschen:
- Sicheres Skifahren in unterschiedlichen Schneeverhältnissen
- Spitzkehren
- Gehen mit Harscheisen
Bekleidung und Ausrüstung
Skitourenausrüstung mit Harscheisen und Anseilgurt (da teilweise Begehung von Gletschern), Skistrap (Skifix) zum Zusammenbinden der Ski und Stöcke.
Die Bekleidung an Bord ist sportlich-leger. Der Anzug und das Kleid mit den dünnen Trägern können zu Hause bleiben.
Anreisetipp
Empfehlenswert ist eine Zusatznacht in Tromso. Das Polarmuseum und die Arctic Cathedral lohnen einen Besuch. Vom Flughafen mit Taxi ins Hotel bzw. direkt zum Hafen und aufs Schiff. Linienbus (Flybuss) ist eine günstige Alternative. Der Busfahrer sagt an den Haltestellen die nächstgelegenen Hotels an.
Norwegische Impressionen
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