Vom 15.09. – 26.09.2018 war ich Teil unserer Reisegruppe auf die Äußeren Hebriden, die westlichen schottischen Inseln. „Hav Bred ey“ – “Inseln am Rande des Meeres” wurden die sturmumtosten Inseln von den Wikingern genannt. Etwa 80 der rund 500 Inseln sind bewohnt. Zehn Inseln werden wir auf der Reise sehen, erwandern und erleben. Lest in diesem Beitrag, was wir dort gesehen haben und erfahrt mehr über die Geschichte der Äußeren Hebriden.
Reisebericht: meine Reise am Ende des Regenbogens
Ankunft in Schottland
Vom Flughafen Inverness fahren wir gutgelaunt und voller Vorfreude nach Ullapool im Nordwesten des schottischen Festlandes. Die Stadt ist der Ausgangspunkt und Fährhafen auf die Äußeren Hebriden. Ullapool hat 1.700 Einwohner und ca. 40 B&Bs. Einst ein kleines Fischerdorf spürt man jetzt den Einfluss des Tourismus. Eine erste kurze Wanderung führt uns auf den Ullapool Hill. Vom Gipfel (ca. 300 Höhenmeter) hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt, die umliegenden Munros – Berge über 3000 Fuß (ca. 914 Meter) – Loch Broom und die Summer Isles draußen im Meer. Die Blicke in alle vier Himmelsrichtungen lassen erahnen, was uns in den nächsten Tagen erwartet. Besonders macht die Szenerie schon hier das Spiel der Wolken und des Lichts.
Aufbruch zur Insel Lewis
Am nächsten Morgen bringt uns eine 2 ½stündige Fährüberfahrt nach Stornoway, den Fährhafen der nördlichsten Hebrideninsel Lewis. Auf Lewis leben zwei Drittel der ca. 20.000 Bewohner der Inseln, entsprechend belebt ihr Hauptort. Ein paar Hotels, ein riesiger Supermarkt und eine kleine Fußgängerzone bilden das Zentrum. Auf der Landzunge in einem zauberhaften weitgehend naturbelassenen Park liegt Lews Castle das heute das Museum der Inseln beherbergt. Ein wirklich tolles und erlebnisreiches Museum, das seinem Besucher auf eine sehr emotionale Art einen guten Einblick in das Leben auf den Äußeren Hebriden gibt.
Die erste Wanderung auf Lewis führt uns entlang der Küste zum Butt of Lewis. Der Leuchtturm markiert den nordwestlichsten Punkt der British Isles und den windigsten Punkt Schottlands, der nicht im Gebirge liegt. Hier endet der Hebridean Way. Der Weg ist 252 km lang und führt den Weitwanderer von Vatersay im Süden über 10 Inseln, 6 Dämme und zwei atemberaubende Fährüberfahrten hier in den Norden von Lewis.
Zu Fuß unterwegs auf der Insel Lewis
In den folgenden Tagen erleben wir per Pedes die landschaftliche und kulturelle Vielfalt von Lewis. Ich bin immer wieder ergriffen, ja sprachlos von der Schönheit dieses Fleckchens Erde. Buchten mit weißen Sandständen umgeben von hohen Klippen und einer tosenden Brandung. Wenn wir von den Hügeln hinab laufen, sehen wir, dass an die Strände häufig direkt ein Friedhof grenzt. Es handelt sich hierbei um die Gräber der ehemaligen Einwohner der kleinen Dörfer die in den Kriegen geblieben oder den Highland Clearances zum Opfer gefallen sind. Im 18. und 19. Jahrhundert hat man das Hochland und auch die Hebriden zugunsten der flächendeckenden Schafzucht entvölkert. Die ortsansässigen Pächter und Kleinbauern, die meist seit Generationen hier gelebt haben, wurden teilweise mit Gewalt auf Auswandererschiffe gebracht und nach Nordamerika oder Australien verschifft. Das Land fiel anschließend an wenige Schafzüchter aus dem schottischen Flachland oder aus England. Die Schafzucht wird zum Teil immer noch als die „Geißel Schottlands“ bezeichnet.
Ziel unserer Wanderung sind die Blackhouses von Na Gearrannan. Eine Ansammlung von 9 reetgedeckten Blackhouses, die bis in die 1960er Jahre bewohnt waren. Heute beherbergen Sie ein Museum und eine kleines Café, in dem wir uns nach dem heftigen Regen aufwärmen können. Außerdem bekommen wir eine Suppe und Sandwiches und schaffen es in kurzer Zeit unsere Kleidung von tropfnass nach feucht zu bringen. Auch das ist Schottland!
Exkursion Carloway Mill – Weberei der Wolle für den Harris Tweed
Während wir durch den Regen und Wind gewandert sind, hat unsere Rosie spontan etwas ganz Besonderes organisiert. Wir besuchen die Carloway Mill und so bekommen wir Einblick in die Verarbeitung der Wolle vom Schaf bis hin zu dem einzigartigen Harris Tweed. Gewoben wird immer noch ausschließlich in Heimarbeit von ca. 140 Webern. Die Mühle liefert die Garne für ein bestimmtes Muster auf einer großen Rolle mit bis zu 600 Kettfäden, die weitere Wolle und die Anleitung für das Muster. Ein Weber braucht ca. 1,5 – 2 Tage für eine Rolle von etwa 59 m Stoff und bekommt dafür um die 220 Pfund. Nur in Heimarbeit gewobener Tweed bekommt das Güte Siegel – Harris Tweed.
Uig Beach und Wanderung durch eine Moorlandschaft
Am nächsten Tag fahren wir zunächst durch die bisweilen wie ausgestorben wirkende Hochlandszenerie. Hügel voller Schafe, Berge bis 500 m Höhe, Täler mit Flussläufen und immer mal wieder ein kleiner Wasserfall. Durch das viele Wasser wirkt die Landschaft überaus lebendig. Nach einer Stunde gelangen wir an den schönsten Strand der Insel – Uig Beach. Weißer Sand und bei Ebbe hunderte von Metern breit. Nach kurzem „Toben“ am Strand und einigen Fotos fahren wir weiter in Richtung Brenish, wo unsere heutige Wanderung startet. Zunächst geht es durch eine Moorlandschaft. Immer wieder sind kleine Wasserläufe zu überwinden und der Untergrund ist komplett durchfeuchtet, sodass Vorsicht geboten ist. Irgendwann geht es dann den Berg hinauf. Der Untergrund ist immer noch erstaunlich feucht wird aber immer wieder von Felsen aufgelockert. Etwa 15 Minuten vom Gipfel entfernt beginnen sich die Wolken den Berg hinab zu schieben, sodass wir uns für eine Mittagsrast und den baldigen Abstieg entscheiden. Zu unserem Glück reißt der Himmel bevor wir gehen noch einmal auf und gibt den Blick auf die Insel Scarp, die Flannan Isles (30km) und sogar St. Kilda (90km) frei – atemberaubend!
Die Geschichte hinter “Secret Bothy”
Wieder an der Straße angekommen bringt uns eine kurze Fahrt zum “Secret Bothy” – Mangestra Bothy. Versteckt direkt an den Klippen findet sich die kleine Schutzhütte, die 3 Personen Platz zum Schlafen bietet. Sie hat eine Feuerstelle und Fenster hinaus auf die Klippen und das Meer. Die Hütte wurde von einem Ehepaar in Gedenken an ihre Tochter gebaut, die sich in Afghanistan für die Bildung von Frauen eingesetzt hat und bei einem Ihrer Hilfseinsätze dort in einem Kreuzfeuer ums Leben gekommen ist. Eine sehr rührende Geschichte und unbedingt ein Grund diesen Ort zu besuchen.
Das Stonehenge von Schottland
Eines der kulturellen Highlights der Reise sind die Callanish Standing Stones, die größte heute bekannte Steinformation der Megalithkultur auf den britischen Inseln. Bester Unterschied zu Stonehenge ist, dass man diesen Steinkreis betreten darf, in ihm herumwandern und Fotos machen. Erhalten sind der Kreis und Teile der Avenues. Reste eines Beinhauses wurden ebenfalls gefunden, sind aber nicht mehr erhalten.
Wanderung auf Südharris
Die Abwechslungsreiche Wanderung auf Südharris führt uns an Tag 7 über Klippen und erneut moorigen Untergrund und satte Wiesen. Nach einer Mittagsrast, bei der sogar die Sonne bei uns ist und unseren Rücken wärmt, wandern wir über den letzten Hügel. Beim Abstieg erhaschen wir einen Blick auf den Crabhadail Strand, den wir am Morgen schon aus der Ferne erspähen konnten. Sofort muss ich meine Schuhe ausziehen und die Füße ins Meer halten. Den ganzen Strand laufen wir entlang, bis dann schließlich die Schuhe wieder angezogen werden müssen und wir die Wanderung über die Felsen zurück zum Parkplatz fortsetzen. Leider habe ich für den Strandlauf meine Regenhose ausgezogen was sich jetzt als keine gute Idee erweist, da uns auf den letzten Metern noch mal ein heftiger Regenschauer erwischt. Pitschnass aber super happy gelange ich schließlich zum Auto zurück. Ein wirklich großartiger Tag!
Für das heutige Abendessen fahren wir ins North Harbour Bistro auf die Insel Scalpay. Von außen ein unscheinbares Büdchen, erwartet uns im Inneren ein schnuckeliges kleines Fischrestaurant in dem hervorragende Qualität serviert wir. Ein echter Genuss und Gewinn für die Reise. Danke Ben!
Gin, Whiskey und Strand – was will man mehr?
Der 8. Tag beginnt entspannt. Erst um 10.00 Uhr können wir The Harris Destillery besuchen. Kathy erwartet uns, um uns herumzuführen und das frische Destillat und einen Whisky zu präsentieren. Außerdem ist sie zu Recht unglaublich Stolz, da der Harris Gin gestern die Bronze Medaille bei den World Gin Awards gewonnen hat. Die Führung ist super organisiert, sehr informativ und macht unglaublich Spaß. Der Whisky der Harris Destillery muss noch etwa 5 Jahre lagern, bis er erstmals in den Handel gelangt. Wir sind gespannt!
Nach dem lockeren Einstieg in den Tag fahren wir beschwingt in Richtung Luskentyre, einen der schönsten Strände der Äußeren Hebriden. Bei der Anfahrt zur Wanderung können wir schon den weißen Sand hervorblitzen sehen. Zunächst starten wir jedoch unsere Wanderung auf zwei etwa 500 Meter hohe Gipfel. Wie immer haben wir atemberaubende Blicke und das Wetter und das Wolkenspiel ändern sich ständig. Oben angekommen stehen wir in vollem Wind, sodass wir nur kurz am Gipfel bleiben und sodann den Abstieg beginnen. Über Felsen geht es ganz schön kraxelig aber sehr beeindruckend hinab. Rosie ist uns unten ein Stück entgegen gekommen, um einen unbeschwerlicheren Weg zu finden. Hat geklappt, so sind die letzten Meter ganz entspannt. Am Strand dann wieder Schuhe aus und ein paar Kilometer am Strand langlaufen. Fotomotive und Regenbögen immer dabei – Wahnsinn!
Der Tag wird gekrönt von einem 6 Gänge Menü im Privathaus von Chris und Nicola. Sie zaubern Köstlichkeiten auf den Tisch, während wir aufs Meer schauen. Ben und Rosie verstehen es wirklich, diese Reise zu einem besonderen Erlebnis zu machen.
Auf der Golden Route und mit der Fähre nach Berneray
An Tag 9 verlassen wir die Insel Harris. Entlang der Golden Route an der Ostküste fahren wir Richtung Leverburgh. Seehunde liegen auf den warmen Steinen vor der Küste in der Sonne, damit haben wir nicht gerechnet. Warum die Straße “Golden Route” heißt, ist unklar. Entweder, weil sie so teuer war, oder weil sie den Bewohnern dieser Gegend so viel gebracht hat. Die Fähre bringt uns in ca. einer Stunde nach Berneray, wo wir nach weiteren fünf Minuten Fahrt an einem Hostel mit der wohl besten Lage und einem phantastischen Blick auf das Meer unsere Wanderung starten. Zunächst steigen wir auf den Beinn Shlebhe. Von oben ist schon der zauberhafte Strand zu sehen. Wir steigen hinab und wandern in schnellem Schritt den 3 km langen Strand entlang. Erneut bieten sich uns hervorragende Fotomotive, Regenbögen und wunderschöne Schattenspiele. Vom Strand führt uns der Weg durch die Machair, eine Landschaft aus Dünen, fruchtbarem Land und erneut torfigen Untergrund – in meiner Heimat ist das wohl am ehesten mit der Marsch zu vergleichen. Am Abend erwartet uns wieder eine besondere Unterkunft. Das Polachar Inn auf South Uist. Ein Hotel am Ende einer Sackgasse mit einem 180° Blick auf das Meer. Wunderschön! Abendessen gibt es im Hotel und wieder ist es ein Erlebnis. Sehr lecker und schön angerichtet. Das Hotelpersonal ist sehr freundlich und so fühlen wir uns sofort sauwohl.
260.000 Flaschen gesunkener Whisky und außergewöhnlicher Flughafen
Der Tag 10 der Reisen wartet mit einer Überraschung auf. Barra Airport ist der einzige Flughafen außer dem von Fraser Island (Australien), an welchem der Strand gleichzeitig die Landebahn bildet. Die Lande- und Startzeiten der Flugzeuge sind gezeitenabhängig. Bei Flut ist der gesamte Strand und damit auch die Start- und Landebahnen vom Wasser bedeckt.
Unser Tag startet mit einer kurzen Fahrt auf die („wee“ – schottisch für little) Insel Eriskay, von wo aus wir die Fähre nach Barra nehmen. Vor Eriskay ist 1941 die SS Politician gesunken. Sie hatte 260.000 Flaschen Whisky an Bord. Noch bevor die Versicherungen kommen könnten, um den Schaden zu begutachten haben sich die Männer der Insel die Kleider Ihrer Frauen angezogen, um nicht Ihre eigenen mit Öl zu verschmieren und einen Großteil der Flaschen geborgen. Bis heute taucht Whisky aus dieser Zeit auf und ist inzwischen sehr wertvoll.
Ein kleiner Spaziergang führt uns zum Flughafen. Wir wollen Zeuge der Landung der Maschine aus Glasgow werden. Der Einzigen am Tag! Schnell noch einen Kaffee geholt und dann an den Zaun gelehnt und gewartet. Und da kommt sie auch schon. Eine zweimotorige Propellermaschine der Loganair mit 19 Passagieren aus Glasgow. Nach dem Abflug nehmen wir den Weg über die Dünen an einen weiteren entzückenden Strand. Unsere Wanderung führt uns dann über einen Hügel in die nächste Bucht. Es muss nicht extra erwähnt werden, dass wir konstant von mindestens einem Regenbogen begleitet werden und jeder ist noch schöner. Am späten Nachmittag bringt uns die Fähre zurück nach Eriskay, wo wir im Pub AM Politician zum Abendessen erwartet werden. Fish & Chips wird es für mich geben, denn dafür ist der Pub – well known.
Unsere letzte Wanderung durch das Balranald Nature Reserve
Die letzten Wanderungen dieser Reise bringen uns an Tag 11 unserer Tour noch einmal nach North Uist und Benbecula.
Zunächst unternehmen wir eine sehr schöne Wanderung durch das Balranald Nature Reserve, ein Naturschutzgebiet mit vielen Facetten. Felsenreiche Küste, ein weißer Sandstrand, Highland Cattle direkt am Meer und wieder der ausgedehnten Machair. 4.5 km lang ist der Rundweg.
Der letzte Gipfel auf unserer Reise ist der Rueval 127m – die höchste Erhebung auf Benbecula. Ein steiniger Weg führt uns in ca. 30 Minuten zum Gipfel. Von dort aus haben wir einen Blick auf über 600 kleinen Lochs auf der Insel Benbecula. Der Blick ist ein schöner Abschluss unserer Reise auf den Inseln.
Ich danke ASI Bergwanderführer Ben und Rosie und allen Teilnehmern der Gruppe für eine der schönsten Reisen, die ich je gemacht habe!
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