Auf nach Georgien hieß es für mich im Juni 2023 – meine zweite ASI Reise in ein Land voll reicher Geschichte und faszinierender Landschaft. Die Tour am Transcaucasian Trail verbindet kulturelle Highlights mit anspruchsvollen Wanderetappen und lässt einen so das Land in seiner ganzen Vielfalt erleben.
Tag 1: Ankunft in Tiflis – Eine Stadt voller Geschichte und Gastfreundschaft
Die Anreise nach Georgien erfolgt zumeist per Nachtflug. Mich führte die Route über Istanbul. und so erreichten ich Tiflis in der Nacht um 2 Uhr. Ich wurde am Flughafen empfangen und nach einer kurzen Fahrt vom Flughafen zum Hotel in Tiflis konnte ich noch ein paar Stunden Schlaf nachholen, bevor am kommenden Morgen das erste Treffen mit unserem Guide und unserer Reisegruppe anstand.
Ein stärkendes Frühstück, dann versammelten wir uns in der Hotellobby und begannen unsere Erkundungstour durch die georgische Hauptstadt. Dabei lernten wir die “Mutter von Georgien” kennen, eine imposante Statue einer Frau mit einem Schwert in der einen Hand und einer Schale mit Wein in der anderen. Diese Statue symbolisiert die bewegte Geschichte Georgiens, die von vielen Feinden und Invasionen geprägt war, aber auch von der einzigartigen Gastfreundschaft des Landes. Wir erfuhren auch, dass Georgien eine lange Tradition der starken Frauen hat, einschließlich der ersten alleinherrschenden Königin im 12. Jahrhundert.
Während der Tour kamen wir auch an den berühmten Schwefelbädern vorbei, die der Stadt Tiflis ihren Namen gaben. “Tbilissi” bedeutet “warm/heiß”, was auf die heißen Quellen hinweist, nach denen die Stadt benannt ist. Für diejenigen, die nach der Reise noch zusätzliche Tage in Georgien verbringen, ist ein Besuch in einem traditionellen Bad und ein georgisches Peeling in den Schwefelbädern sehr zu empfehlen.
Den Abend ließen wir mit einem köstlichen georgischen Abendessen ausklingen. Wir genossen Auberginen mit Walnusssauce, Baumpilze, grünen Bohnensalat, Blätterteig mit Walnusssauce und georgischen Wein. In Georgien ist es üblich, dass das Essen geteilt wird, was zu einer wunderbaren Gemeinschaftsatmosphäre führt. Ein besonderes Highlight war das Konzept des Tamada, der Tischobmann, der beim Essen in Georgien traditionell dafür verantwortlich ist, die Trinksprüche über den Abend hinweg zu moderieren. Und so tranken wir auf Gott, das Land Georgien und die neuen Freundschaften, die auf unserer Reise entstehen sollten.
Tag 2: Von Mzcheta nach Kutaissi – Historische Kirchen und wechselnde Landschaften
Am zweiten Tag machten wir uns auf den Weg zur ehemaligen georgischen Hauptstadt Mzcheta, einem strategisch wichtigen Punkt in der frühen Entwicklung des Landes. Dort besichtigten wir eine Kreuzkuppelkirche mit den Nachbild eines großen Holzkreuzes im Zentrum und erfuhren mehr über die Entwicklung des Christentums in Georgien.
Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch der größten Kathedrale Georgiens, die sowohl religiös als auch politisch stets von großer Bedeutung war. Hier wurden im Laufe der Geschichte wichtige Entscheidungen getroffen, sie diente als Pilgerstätte für viele Gläubige und bis heute befinden sich die Gräber wichtiger Persönlichkeiten im Inneren.
Nach einer kurzen Mittagspause setzten wir unsere Reise fort und machten uns auf den Weg nach Kutaissi, von Ostgeorgien nach Westgeorgien. Dort besichtigten wir die Kirche mit ihren gut erhaltenen Fresken und Mosaiken sowie das ehemalige Bildungszentrum von Gelati, in dem sich einst die Gebildeten trafen.
Unser Tag voller Legenden und Geschichten endete in Kutaissi.
Tipp: In den ersten Tagen haben wir viele Kirchen besichtigt. In den orthodoxen Kirchen Georgiens wird erwartet, dass Frauen beim Eintreten Kopftuch tragen! Daher sollte ein Halstuch oder ähnliches mitgeführt werden, um die Haare bedecken zu können. Außerdem sollte auf angemessene Kleidung geachtet werden.
Tag 3: Abenteuer in der Natur – Martvili Schlucht und Betscho
Der dritte Tag unserer Reise begann mit strahlendem Sonnenschein. Das Guesthouse bot einen tollen Blick über die Stadt und am Horizont zeichneten sich bereits die ersten Berge ab. Wir packten unsere Koffer, machten uns auf den Weg zwischen den großen und kleinen Kaukasus-Bergketten und genossen die atemberaubende Landschaft.
Unser erster Halt führte uns zur Martvili Schlucht, wo wir beeindruckende Wasserfälle bestaunten. Hier kauften wir unsere ersten Tschurtschchela, typische georgische Süßigkeiten aus Nüssen und Traubensaft-Überzug. Ein paar frische Früchte und ofenwarmes Khachapuri (mit Käse gebackenes Brot) dienten uns als Mittagssnack. Anschließend fuhren wir weiter zum Enguri-Damm, der weite Teile des Landes mit Wasserkraft versorgt, und genossen die malerische Landschaft entlang des Enguri Flusses, der uns durch immer großer werdende Berge bis in den hohen Norden nach Swanetien führte.
Auf dem Weg begegneten wir Kühen auf der Straße und sahen Imker, die ihre Bienenstöcke direkt am Wegrand aufgestellt hatten. Es war ein faszinierender Einblick in das ländliche Leben Georgiens. Wir erreichten schließlich das Dorf Betscho und wurden mit einem Blick auf die Berge bei Sonnenuntergang belohnt. Besonders beeindruckend war der Anblick des über 4.700m hohen Uschba mit seinen zwei Gipfeln, der bei den Einheimischen auch als „Starker Mann“ oder „Teufel“ bekannt ist.
Tag 4: Natur pur – Wanderung zum Wasserfall
Am vierten Tag machten wir uns auf zu unserer ersten Wanderung. Ziel waren die Wasserfälle am Fuße des Uschba-Berges. Nach dem Frühstück packten wir unsere Lunchpakete und brachen bei herrlichen Wetter in Richtung der Berge auf. Der Weg führte uns zunächst flach entlang des Flusses und durch dichten Wald, bevor sich die Bäume lichteten und wir einen tollen Blick in Richtung Betscho hatten.
Am Abend kehrten wir in unserem Gasthaus ein und wurden mit einer reich gedeckten Tafel verwöhnt. Es gab eine Vielzahl von köstlichen swanetischen Gerichten, die wir uns schmecken ließen. Auch für Vegetarier war hier die Auswahl an Gemüsen und Salaten groß!
Tag 5: Eine sportliche Herausforderung und spektakuläre Panoramen – Guli Pass
Der fünfte Tag unserer Reise führte uns zum Guli Pass auf einer Höhe von 2.954 Metern. Das Wetter war perfekt, und wir waren bereit für die Herausforderungen, die dieser Tag mit sich bringen würde. Die Wanderung startete direkt an unserem Gasthaus. Wir luden unser Gepäck in das Transportfahrtzeug, schnürten unsere Wanderstiefel, begrüßten unseren lokalen Bergwanderführer und dann ging es los!
Der Tag erwies sich als anspruchsvoll, aber die Anstrengungen wurden belohnt: Unterwegs begleiteten uns atemberaubende Panoramen, blühende Blumenwiesen und imposante Bergketten. Besonders der Anblick des im Hintergrund hervorragenden Uschba war beeindruckend, und immer wieder hörten wir Schneemassen in der Ferne den Berg herunterrutschen. Nach schweißtreibenden 1500m Höhenanstieg erreichten wir schließlich den Guli Pass, an dem wir unser Mittagessen genossen. Von hier erwartete uns der Abstieg auf der anderen Seite der Bergflanke.
Sowohl beim Auf- als auch beim Abstieg gab es trotz der beträchtlichen zurückgelegten Höhen nur wenige ausgesetzte Stellen auf dem Weg. Die schwierigsten Stellen lagen vereinzelt entlang steilerer Bergwiesen, die jedoch dicht bewachsen waren – Wanderstöcke boten hier den notwendigen Halt, insbesondere beim Abstieg!
Kurz vor den Koruldi-Seen beschlossen Gruppe und die Guides, sich aufzuteilen: Ein Teil der Gruppe machte einen Abstecher zu den Seen und nahm ein erfrischendes, wohlverdienstes Bad im eiskalten Wasser, während die anderen direkt nach Mestia weiterzogen. Hier, im kleinen und charmanten Bergort, trafen wir uns abends wieder, um diesen spektakulären Tag gemeinsam abzuschließen.
Tag 6: Wanderung nach Adischi – Naturerlebnisse und Geselligkeit
Am sechsten Tag wanderten wir nach Adischi. Es war deutlich mehr los unterwegs, und wir trafen entlang des Transcaucasian Trail vermehrt auf andere Wanderer verschiedenster Nationalitäten. Die Route führte uns durch eine reiche Vegetation und üppigen Wald, der immer wieder Schutz vor der intensiven Sonne bot. Die Wiesen waren mit lila, pinken, weißen, gelben und blauen Blumen übersät, was eine wunderschöne Atmosphäre schuf.
Unterwegs füllten wir unsere Trinkflaschen immer wieder in den klaren Bergbächen auf. Nach einigen Stunden öffnete sich unter uns ein Tal und wir blickten auf das niedliche Bergdorf Adishi. Kleine enge Gassen und zahlreiche uralte Wehrtürme lagen hier umgeben von den imposanten Bergen des Kaukasus. Im Ort angekommen richteten wir uns in unserem Gasthaus ein – einfach, aber gemütlich, Zimmer wurden immer zu zweit geteilt.
Anschließend kehrten wir gemeinsam in einem kleinen Café ein und erzählten uns bei Musik und kalten Getränken unsere Geschichten. Abendessen wurde im Gasthaus serviert, und wieder einmal war die Auswahl beeindrucken und das Essen hervorragend. Dass es hier kein Internet und zeitweise auch keinen Strom gab, störte niemanden – in unserer geselligen Runde lauschten wir den Sprüchen des Tamada, stießen mit selbstgemachtem Chacha, georgischem Schnaps, an und fielen schließlich erschöpft in unsere Betten.
Tag 7: Ein unerwartetes Abenteuer – Gewitter und Geländewagenfahrt
Am siebten Tag erwachten wir mitten in einem Gewitter mit Starkregen. Da das Wetter nicht zum Wandern einlud, entschieden wir uns, mit dem Auto nach Iprali zu fahren, statt die komplette Strecke im Regen zu wandern. Alle waren einverstanden, und so packten wir unsere Sachen, während unser Guide den Transport für alle organisierte.
Die Fahrt nach Iprali wurde von georgischer Musik begleitet, wir schaukelten über die holprigen Forstwege und die Stimmung stieg trotz des Regens. Zu unserer Freude klarte das Wetter bei unserer Ankunft in Iprali auf und erste Sonnenstrahlen empfingen uns an unserer neuen Unterkunft.
Da das Wetter nun vielversprechender aussah, unternahmen wir am Nachmittag eine Wanderung zum Dorf Khalde. Der Weg führte über Forststraßen und vorbei an einer Vielzahl verschiedenster Blumen, darunter Orchideen, Lilien und Margariten. Wir ließen uns für ein Picknick inmitten der Wiese nieder, von wo aus wir Blicke auf den Adishi-Gletscher erhaschen konnten, wann immer die Wolken eine Lücke boten.
Zurück im Gasthaus wurde der Badeofen angeheizt und wir besprachen beim gemeinsamen Abendessen die Touren der kommenden Tage.
Tag 8: Ushguli – Ein majestätisches Dorf und beeindruckende Ausblicke
Am achten Tag unserer Reise machten wir uns auf den Weg von Iprali nach Ushguli. Oberhalb der angelegten Straße wanderten wir durch wilde Wiesen und machten Mittagsrast an einem plätschernden Fluss. Im Vergleich zu den vorherigen Tagen wirkte die Wanderung kurz und alle Teilnehmer hatten beim Erreichen von Ushguli noch Energie, und so bschlossen wir kurzerhand, noch den Aufstieg zur Sommerresidenz von Königin Tamara zu wagen.
Die zusätzlichen 300 Höhenmeter waren anstrengend, aber lohnenswert. Auch wenn der Blick auf den Shkhara, den höchsten Berg Georgiens, der hinter Ushguli am Horizont thronte, wegen der Wolken verhangen war, so genossen wir die Blicke auf die Umliegende Landschaft und lernten mehr über die alten Ruinen, die der ehemaligen Königin als Rückzugsort aus der Großstadt dienten. Schließlich stiegen wir ab nach Ushguli, ein malerisches Dorf, welches aufgrund der zahlreichen und markanten Wehrtürme von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Und wir hatten Glück: Als wir abends in Ushguli ankamen, verzogen sich die Wolken und wir wurden mit einem spektakulären Sonnenuntergang am Shkhara belohnt.
Tag 9: Zum Fuß des Shkhara-Gletschers – Quelle des Enguri-Flusses
Der letzte Wandertag begann mit strahlendem Sonnenschein. Unser Ziel war der Fuß des Shkhara-Gletschers und die Quelle des Enguri-Flusses, dessen Staudamm wir vor einigen Tagen passiert hatten. Wie wanderten immer entlang des Flusslaufes in dem Tal, welches im Laufe der Jahre von der sich zurückziehenden Gletscherzunge geformt wurde, und erreichten schließlich die sprudelnde Quelle des Flusses, die unter dem Beginn des Gletschers hervortrat.
Auf dem Rückweg machten wir halt an der pittoresken Kirche des Ortes. Ein letzter Blick zurück, dann tauchten wir wieder ein in die labyrinthartigen Gassen von Ushguli. An unserem Gasthaus erwarteten uns bereits die Wagen, die uns nach Mestia zurückbringen sollten. Nach unseren beeindruckenden Wandertagen war es nun an der Zeit, uns von unserem Wanderführer zu verabschieden und langsam die Rückreise aus Swanetien anzutreten.
Den Abend ließen wir im Ort Mestia ausklingen. Bei georgischer Livemusik saßen wir zusammen – aus einzelnen Reisenden war in den letzten Tagen eine Gemeinschaft geworden, die nun auf ein erlebtes Abenteuer zurückblicken konnte.
Tag 10: Rückfahrt nach Tiflis – Abschied von Georgien
An unserem letzten Reisetag begaben wir uns auf die lange Rückfahrt nach Tiflis. Unterwegs machten wir einen Stopp in Sugdidi und besuchten ein altes megrelisches Dorf. Wir spazierten durch die ursprüngliche Häuseransammlung und erfuhren mehr über den Lebensstil der Menschen zu früheren Zeiten. Im Anschluss hatten wir die Gelegenheit, unsere Gastgeberin Maria zu treffen und bei ihr ein köstliches lokales Mittagessen zu genießen.
Wir setzten unsere Fahrt fort. Die Stunden vergingen und boten genug Zeit, die letzten erlebnisreichen Tage nochmals Revue passieren zu lassen. Wir erreichten Tiflis gegen 20 Uhr und hatten noch Zeit für ein letztes gemeinsames Glas Wein, bevor die ersten von uns in der Nacht abflogen. Das Ende einer unvergesslichen Reise!
Georgien hatte uns mit seiner reichen Geschichte, der beeindruckenden Natur und der herzlichen Gastfreundschaft in seinen Bann gezogen. Es war eine Reise voller Abenteuer, atemberaubender Ausblicke und bereichernder Begegnungen. Eine sportliche Herausforderung – aber wer sich darauf einlässt, wird mit tollen Erinnerungen an ein faszinierendes Land belohnt werden.
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