Die Stille und Weite der finnischen Winterlandschaft auf einem Hundeschlitten erleben, vorbei an menschenleeren Wäldern und über zugefrorene Seen. Diese Abenteuer erwartete ASI Reisespezialistin Lena im Dezember 2018 auf der ASI Huskytour durch das finnische Lappland. Erfahrt in diesem Beitrag, wie es sich anfühlt auf so einem Hundeschlitten durch Finnlands Landschaften zu sausen.
Lenas Lappland-Reisebericht
Am 19.12. ging es für Sascha und mich von München über Helsinki nach Kittilä. Dort wurden wir bereits von Christian, einem Mitarbeiter vom Äkäskero Sleddogcenter, erwartet. Nachdem auch zwei weitere Teilnehmer unserer kleinen Gruppe angekommen waren, chauffierte uns Christian in beachtlichem Tempo über verschneite Landstraßen zum Hundecamp. Dort bezogen wir unser Mökki. Eine super moderne, erst kürzlich neu gebaute Blockhütte mit drei Schlafzimmern, zwei Bädern und einer geräumigen Wohnküche. Im Mökki wartete auch noch ein weiterer Teilnehmer unserer Tour auf uns, der uns für zwei Tage begleiten sollte. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zum Abendessen.
Kennenlernen der Wegbegleiter & letzte Vorbereitungen
Es gab Elchgulasch und allerlei andere lappische Köstlichkeiten. Beim Abendessen lernten wir auch zwei schwäbische Gäste kennen, die ihre Hundeschlittentour bereits hinter sich hatten und uns zu all unseren Fragen geduldig Rede und Antwort standen. Wir waren alle furchtbar aufgeregt 🙂 Nach dem Essen ging’s zur Anprobe der Leihausrüstung. Jeder von uns bekam einen warmen Overall, eine Mütze, wasserfeste Schuhe mit warmem Innenschuh und warme Fäustlinge. Nachdem alle die richtige Größe gefunden hatten, machten wir uns auf den Rückweg in unser Mökki und packten noch die letzten Sachen für die kommenden Tage zusammen, bevor wir früh schlafen gingen.
Am Donnerstag hat es uns alle vor lauter Aufregung nicht lange im Bett gehalten. Wir standen früh auf und konnten das ausgiebige Frühstück genießen, welches direkt in unserem Mökki auf uns wartete. Super praktisch, wir mussten keinen Fuß vor die Tür setzen! 🙂
Frisch gestärkt ging es an die letzten Vorbereitungen. Was muss unbedingt noch mit und was ist unnötiger Ballast, den wir lieber im Camp lassen? Pünktlich um 9 Uhr holte uns Andy, unser Guide, ab. Draußen war es immer noch stockfinster und nachdem wir uns in unsere „Teletubby-Anzüge“ geworfen hatten, machten wir uns mit Stirnlampen bewaffnet auf zu den Hundezwingern.
Einmaleins des Hundeschlittenfahrens
Die Hunde leben alle in zweier „WGs“ zusammen und es gibt einen großen Auslauf, in dem einige Hunde dauerhaft wohnen und die anderen täglich für einige Stunden ihren Auslauf genießen können. „Unsere“ Hunde warteten schon ungeduldig im „Startgang“ auf uns. Auch die Schlitten waren schon vorbereitet und Andy gab uns einen Crashkurs im Hundeschlittenfahren. Wie stehe ich richtig auf dem Schlitten? Wann bremse ich? Wofür benutze ich den „Anker“ ? Die Hunde möchten nämlich am liebsten ständig Vollgas geben. Es lag also an uns, das Tempo zu kontrollieren
und den Schlitten bei Pausen richtig zu sichern, damit die Hunde nicht samt Schlitten, aber ohne uns davon sausen.
Das Abenteuer beginnt
Schließlich wurden die Schlitten beladen. Dabei wurde nicht nur unser Gepäck, sondern auch das Futter für die Hunde (vieeele Kilo Fleisch und Trockenfutter) sowie unser eigenes Essen für die nächsten fünf Tage so auf die Schlitten aufgeteilt, dass jedes Team in etwa gleich viel Gewicht zu ziehen hatte. Da ich die meiste Zuladung bekam, wurden mir fünf Hunde zugeteilt. Meine beiden Leithunde Fairbanks und Silver sowie die Zughunde Walker, Watson und Talvi. Alle anderen hatten jeweils vier Hunde in ihrem Team, zwei Zughunde und zwei Leithunde.
Nachdem die Schlitten bepackt waren, ging es daran, die Hunde fertig zu machen. Jeder von uns hatte alle Hände voll zu tun, seinen vier bzw. fünf laut bellenden Wirbelwinden das Geschirr anzuziehen und sie vor den Schlitten einzuspannen. Als alle fertig waren, gab Andy das Startsignal und ab ging die wilde Fahrt. Die ersten paar Kilometer waren Adrenalin pur. Wir sausten durch kurvige Waldwege und ich hatte ständig das Gefühl, jeden Moment am nächsten Baum zu kleben oder samt Schlitten umzufallen. Mittlerweile war es aber hell geworden und wir sahen zumindest, wo wir entlang düsten. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich an das Stehen auf dem Schlitten gewöhnt hatte und anfing, den Hunden und mir selbst zu vertrauen. Dann war es aber das schönste Gefühl überhaupt. Von 20 Pfoten durch die tief verschneite Winterlandschaft getragen zu werden und dabei nichts außer das gleichmäßige Hecheln der Hunde und Knirschen der Kufen im Schnee zu hören, ist ein einmaliges Erlebnis. Nur ab und zu hörte ich Saschas Leithund Hetta von hinten jaulen, wenn es mal wieder nicht schnell genug ging 🙂
Freiheitsgefühle in der finnischen Winterlandschaft
Schon bald hatte ich die ganze Aufregung des Starts vergessen und stand einfach nur tiefenentspannt und voller Begeisterung auf meinem Schlitten (und versuchte weiterhin, in den Kurven nicht im Tiefschnee zu landen).
Die Hunde trugen uns jeden Tag zwischen 30 und 40 Kilometer durch die Weite Lapplands. Mal ging es durch Wälder, dann über zugefrorene Seen, kleine Hügel hinauf, wieder hinunter und dabei begegneten wir kaum einer Menschenseele. Nur ganz selten kamen wir an kleinen Miniortschaften vorbei, größtenteils war da einfach gar nichts außer Weite und nochmals Weite. Ein wunderbares Gefühl von Freiheit stellte sich ein und ich hätte ewig so dahinfahren können. Mittags machten wir immer eine kleine Pause, um einen warmen Tee zu trinken oder einen kleinen Snack zu uns zu nehmen. Allzu lang konnte unser „Picknick“ jedoch nicht ausfallen, denn unsere Hunde wollten weiter und gaben das lautstark zu verstehen!
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Da es im Dezember nur für etwa fünf Stunden am Tag hell ist (zwischen ca. 10 und 15 Uhr), nutzten wir die Tageslichtperiode bestmöglich aus und versuchten, immer zwischen 14.30 Uhr und 15.00 Uhr an der nächsten Hütte anzukommen. Dort eingefahren ging es erst einmal daran, die Hunde zu ihren Schlafplätzen zu bringen und ihnen das Geschirr sowie die „Booties“ (kleine Söckchen, die Hunde mit empfindlichen Pfoten tragen) auszuziehen. Anschließend gab es die erste von drei Mahlzeiten für unsere vierbeinigen Freunde. Die brauchten schließlich einiges an Energie, um uns durch die Gegend zu ziehen.
Wenn das alles erledigt war, machten wir uns auf den Weg in die Hütte. Und nun fing die Arbeit eigentlich erst richtig an. Es musste Holz geholt werden, um den Ofen einzuheizen. Wasser holten wir entweder aus einem Brunnen oder einem Wasserloch im nahe gelegenen See, um es in die Hütte und die Sauna zu bringen. Eine Sauna war übrigens bei jeder Hütte dabei und es gibt nichts schöneres, als sich nach einem langen Tag an der kalten, frischen Luft in die wohlig warme Sauna zu setzen…
Etwas gewöhnungsbedürftig war das Outhouse, das ebenfalls zu jeder Hütte dazugehörte. Wenn bei -25°C das Klopapier einfriert, wünscht man sich schon manchmal eine „normale“ Toilette herbei. Aber man gewöhnt sich bekanntlich an alles.
Finnische Gaumenfreuden
Nachdem alle Arbeiten um die Hütte erledigt waren, gab es erst einmal eine warme Suppe. Die sollte uns von innen aufwärmen und unseren Flüssigkeitshaushalt ein wenig ausgleichen. Untertags haben wir alle nur das Notwendigste an Flüssigkeit zu uns genommen und waren daher froh um die flüssige Stärkung. Ab ca.15 Uhr war es stockdunkel und wir genossen einfach die langen gemütlichen Nachmittage/Abende am Kamin ganz ohne Stress und Zeitdruck. Draußen war nichts zu hören oder sehen, außer ab und zu etwas Hunde-Gejaule. Andy ging von Zeit zu Zeit nachsehen, ob alles ok ist.
Später am Abend bereitete uns Andy ein köstliches Abendessen zu. Es gab z.B. vegane Spaghetti Bolognese, Rentiergulasch mit Kartoffelbrei und „Pyttipanna“ (eine Kartoffelpfanne, vergleichbar mit dem Tiroler Gröstl). Wir hatten alle einen guten Appetit und haben kräftig zugeschlagen. Gegen 21 Uhr machte sich Andy noch einmal auf den Weg nach draußen zur zweiten „Raubtierfütterung“ unserer vierbeinigen Freunde. Frisches Fleisch stand am Speiseplan.
Geschlafen haben wir meist alle in einem Raum in Stockbetten bzw. in einer Hütte auch auf zwei Etagen. Es war urgemütlich und wir haben geschlafen wie die Murmeltiere.
Energiegeladen in einen neuen Tag
Morgens standen wir immer zeitig auf und kamen direkt wieder in den Genuss von Andys Kochkünsten. Es gab Porridge! Mit Zimt verfeinert gar nicht mal so übel und es gibt Energie für den ganzen Tag, was wichtig ist, wenn man mit so vielen kleinen Energiebündeln draußen ist. Apropos, die haben früh morgens ihre dritte Mahlzeit bekommen und anschließend machten wir uns daran, ihre Schlafplätze zu säubern. Da fällt einiges an bei so vielen Hunden und nochmal so viel Futter. Auf jeden Fall war der morgendliche Hunde-Zimmerservice ein gutes Aufwärmtraining für diejenigen, die mit kalten Füßen und/oder Händen zu kämpfen hatten, aber nichts für empfindliche Nasen 😉
Nachdem wir die Hütte sauber und ordentlich hinterlassen hatten, ging es wiederum daran, die Hunde startklar zu machen. Pünktlich zum „Sonnenaufgang“ starteten wir in einen weiteren traumhaften Tag mit vielen unvergesslichen Eindrücken.
Die meiste Zeit ging es relativ flach dahin und gerade an den kälteren Tagen waren wir um jede Steigung dankbar, bei der wir ein wenig schieben helfen und uns somit wieder aufwärmen konnten. Wenn ich es doch mal verpasst habe, im richtigen Moment mit anzuschieben oder richtig zu lenken, erntete ich sofort einen vorwurfsvollen Blick von hinten rechts: Talvi drehte sich manchmal zu mir um als wollte er sagen: “He, mach dich mal nützlich da hinten, das geht hier viel zu langsam!”
Ein schwerer Abschied von neuen Freunden
An Heiligabend machten wir uns dann wieder auf den Rückweg Richtung Hundecamp.
Viel zu schnell ging auch dieser Tag vorbei und wir fuhren schlussendlich wieder dort ein, wo wir vor fünf Tagen gestartet waren. Den sonst so wuseligen Hunden merkte man nun zum ersten Mal an, dass sie einige Kilometer mehr „auf den Pfoten“ hatten und sich auf zu Hause freuten. Für sie stand nun eine zweitägige Pause an, bevor es auf zur nächsten Tour ging. Ich wollte mich überhaupt nicht von „meinen“ fünf neuen Freunden trennen und verrichtete die anfallenden Arbeiten (Hunde abspannen, Booties und Geschirre ausziehen) wie in Zeitlupe, um noch möglichst viel Zeit mit ihnen verbringen zu können.
Als dann alle fertig waren, bekam jeder von uns eine Leine in die Hand gedrückt und durfte seine Hunde nacheinander in ihre Quartiere bringen. In meinem Fall brachten sie eher mich und ich hatte zu tun, nicht auf der Nase zu landen… 🙂
Nachdem alle verräumt waren und wir uns schweren Herzens trennten, begaben wir uns doch recht zügig zurück zu unserem Mökki. Dort wartete nämlich die erste richtige Dusche seit fünf Tagen auf uns! Die genossen wir auch so richtig und auch alle anderen Vorzüge einer modernen Blockhütte mit Fußbodenheizung.
Heiligabend auf finnische Art
Später am Abend erwartete uns Andy mit einem tollen Abendessen in einer traditionellen Kota. Das ist eine runde Holzhütte mit einem Lagerfeuer in der Mitte. Dort wurde ein auf ein Brett genagelter Lachs für uns gegrillt, dazu gab es Reis mit Gemüse und Gurkensalat. Wir ließen es uns schmecken und stießen mit einem kühlen Bier auf die vergangenen Tage an. Bei einem sehr netten und lustigen Abend ließen wir das Erlebte noch einmal Revue passieren. Später zeigte uns Andy auf der Karte, wo wir eigentlich so umhergekurvt sind. Wir verabschiedeten uns von ihm und versprachen, bald wieder zu kommen.
Tierbegegnung im Tiefschnee
Der nächste Tag stand zur freien Verfügung und wir machten uns zu dritt auf zu einer Schneeschuhwanderung. Laut Andy sollte die Wanderung auf den Äkäskero (der Haushügel sozusagen) und retour nur etwa vier Stunden in Anspruch nehmen. Wir waren der Meinung, das passt perfekt mit dem kurzen Tageslichtfenster zusammen und machen uns daher um 10 Uhr auf den Weg. Die Wanderung zog sich dann doch etwas mehr, als wir dachten, und nach fünf Stunden Tiefschnee-Gestapfe kehrten wir erschöpft und leider ohne Gipfelerfolg zurück. Das war nicht weiter schlimm, denn die traumhafte Winterlandschaft konnten wir auch so in vollen Zügen genießen und es liefen uns sogar noch zwei Rentiere über den Weg.
Letzte Erinnerungen festhalten
Am Abreisetag statteten wir den Hunden noch einen allerletzten Besuch ab. Im Camp leben insgesamt etwa 500 Hunde. Davon sind etwa 180 bereits im Rentenalter und dürfen ihren wohlverdienten Ruhestand im Camp genießen. Es gibt auch eine eigene Krankenstation, wo verletzte bzw. kranke Hunde behandelt werden.
Außerdem gibt es den Hundekindergarten mit den Nachwuchs-Energiebündeln. Nachdem wir noch letzte Fotos geschossen haben, düste Christian auch schon mit uns Richtung Kittilä und wir traten unsere Heimreise an.
Hier noch ein paar Impressionen von der Tour
Probiert es doch selber einmal aus, wie es sich auf einem Hundeschlitten anfühlt: Auf einer Husky-Safari durch Finnland bekommt ihr die Möglichkeit dazu.
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