Text & Fotos von Stefan Knoll
Egal welches Wetter, wir sind zum Wandern hier!
Untergebracht in der Fanes Hütte haben ASI Gast & Fotograf Stefan Knoll und seine Gruppe einiges erlebt: vom Aufstieg zum Limojoch, dem Heiligkreuzkofel & mehr Gipfelglück beim Schneeschuhwandern in den Dolomiten, erzählt er in diesem Reisebericht. Viel Spaß!
Aufstieg zur Fanes Hütte
Es ist Februar 2020 und wir sind mit Schneeschuhen unterwegs in der Fanesgruppe, Bestandteil des “Naturparks Fanes-Sennes-Prags, einem ladinisch geprägten Teil der Dolomiten. Treffpunkt zum Aufstieg ist der Berggasthof Pederü. Es gibt einen Apfelstrudel und einen Cappuccino; man stellt sich vor.
Unser Bergführer heißt Christian, die Gruppe im Wesentlichen weiblich, alle Vornamen beginnen mit einem „S”. Wir geben das Gepäck für die nächsten Tage ab, es wird mit einem Schneemobil zur Hütte hochgebracht. Zu Fuß geht’s los zu unserem Quartier: die Fanes Hütte. Hey ho, let’s go!
Auf das Castel de Fanes
Am Vorabend wird noch die Tourenwoche skizziert. Das Wetter ist wechselhaft angekündigt, der Schnee alt und teilweise hart, darauf gilt es Rücksicht zu nehmen. Tourenziele werden angesprochen (Col Becchei schwierig, Heiligkreuzspitze eher gegen Ende der Woche).
Angenehm ist jedenfalls unsere Hütte. Zweibettzimmer, warme Duschen, eine nette Atmosphäre und beim Essen gibt es nichts zu meckern. Gipfel der Dekadenz: Augustiner vom Fass (vom Fernseher im Zimmer ganz zu schweigen). Für mich allerdings das Beste und (neben den Fernsehern noch nie auf einer Hütte gesehen): es gibt eine kleine Wäscheschleuder!
Begeisterung noch in den Startlöchern
Die erste Hüttennacht ist bei mir immer etwas problematisch auf der ungewohnten Höhe, das für den ersten Tag ausgerufene Tourenziel allerdings machbar. Eine Eingehtour zu einem Felsgumpf im Halbrund zwischen Heiligkreuzkofel, Zehner und Neuner: dem Castel de Fanes. Um es gleich vorwegzunehmen: es ist nicht mein Tag und die Begeisterung über die Tour hält sich in Grenzen. Der Schnee ist Mist, aber auch so fällt mir das Steigen eher schwer.
Nehmen wir einfach an, ich bin noch nicht so richtig akklimatisiert. Der Berg selbst ist durchaus nett zu besteigen und als Ziel für den ersten Tag angemessen und sinnvoll. Aber spätestens beim Abstieg merken wir, dass es zu warm ist und der Schnee noch aus dem Dezember. Unter der Oberfläche lauern fiese Löcher und der nasse Schnee wirkt wie Beton, wenn man einmal drinsteckt.
Das Gute: man beginnt den beiden anstehenden Schlechtwettertagen etwas Positives abzugewinnen. Kälte und Schnee ist das, was wir jetzt brauchen!
Fanesalm Nordwestseite
Morgens die Ankündigung: wir gehen heute auf den Col Becchei! Der angekündigte Schneefall soll gegen Mittag einsetzen, danach ist es vielleicht in dieser Woche nicht mehr möglich, dort hochzukommen, weil steil und Lawine. Wir packen also unsere Sachen, machen den obligatorischen LVS-Check und los geht’s!
Oben am Limojoch: eine unglaublich eindrucksvolle Wetterstimmung aus über den Boden peitschenden Schneefahnen, Sonne und Wolken. Nur der Wind ist dort schon so stark, dass der Weiterweg zum Gipfel nicht mehr sinnvoll erscheint. Dort oben in schwierigem Gelände, Kälte, Wind und praktisch ohne die Möglichkeit miteinander zu kommunizieren – das Risiko ist zu groß.
Sicherheit geht vor
Kurzfristig wird das Programm also noch einmal geändert; wir steigen wieder ab zur Fanes Hütte und versuchen uns auf der anderen Talseite. Das neue Ziel heißt Antoniusspitze. Auch auf dem Weg dorthin, weht der Wind kräftig und es ist spürbar kälter geworden. Eine Teilnehmerin fühlt sich nicht gut und möchte umkehren. Und nochmals hat unser Bergführer eine Alternative in petto: wir umrunden die Fanesalpe auf etwa gleichbleibender Höhe oberhalb der Waldgrenze. Das Beste: der Abstieg durch den mit Felsblöcken durchsetzten Wald rechts des Baches macht richtig, richtig Spaß!
Nachmittags finden sich noch einige Gleichgesinnte, die den Tag bei einem Spaziergang hoch zum Limojoch gemütlich ausklingen lassen (tosender Sturm und Schneefall, der sich im Gesicht wie Nadelstiche anfühlt als Beigabe).
Fanesalm Südostseite
Am Morgen zeigt der Blick durch’s Hüttenfenster weiterhin waagrecht über den Boden jagende Schneefahnen und Wirbel in der Höhe. Eingedenk der Erinnerung an den Vortag ist an eine Gipfeltour nicht zu denken. Alleine der Gedanke ins Freie zu gehen wirkt absurd – zuhause würde man jetzt ein gutes Buch lesen oder mal wieder den Keller aufräumen.
Jedoch – wir sind nicht zum Vergnügen hier, es muss gewandert werden! Das Tagesziel lautet: wir legen die für den darauffolgenden Tag benötigte Spur in Richtung des Heiligkreuzkofels, eine echte Sherpa-Aufgabe. Im Anschluss wollen wir – sofern die Verhältnisse es zulassen – unsere gestrige Umrundung der Fanesalm weiter in Richtung Südost fortsetzen, sodass wir letztlich am inzwischen wohlbekannten Limojoch landen. Von hier aus ist es nur noch ein Katzensprung zurück zur Fanes Hütte. Na, dann wollen wir mal schauen!
Ungemütliche Wetterbedingungen
Okay, eine große Überraschung ist’s nicht. Windig, kalt und manchmal überlege ich mir, ob es mir lieber ist nichts zu sehen, weil mir die Schneekristalle auf die Netzhaut nageln oder weil der gefrorene Atem die Brille total vereist. Das bedeutet aber nicht etwa, dass es keinen Spaß macht, ganz im Gegenteil! Das Gelände ist eher fluffig. Der Schnee meistens tief und weich und die ganze Szenerie ist so richtig schön winterlich, wie es halt auch mal sein muss, wenn man im Winter im Gebirge unterwegs ist.
LVS-Training steht auf dem Plan
Mit der Spurerei tun wir uns selbst einen Gefallen für den nächsten Tag und allzu lange sind wir ohnehin nicht unterwegs.
Wieder zurück auf der Hütte, veranstaltet Christian ein kleines LVS-Training und danach ist noch genug Energie für den inzwischen obligatorischen Nachmittagsspaziergang. Dieses Mal steht eine kleine Runde über die Lavarellahütte im Programm, Besetzung wie üblich.
Heiligkreuzkofel
Wie wir es bestellt hatten, kam dann das gute Wetter. Der Heiligkreuzkofel war ja bereits angekündigt, die Spur gelegt. Eigentlich müssen wir nur noch wie auf einer Rolltreppe darüber hinweggleiten…
Nun gut, das ist das erste Drittel. Die Tour gliedert sich grob in drei Abschnitte (wobei wir nicht auf dem Gipfel gehen, für uns ist am Fuß des Gipfelaufbaus Schluss): den Anstieg über die Kleinfanesalm, entlang am Bach, bis man auf dem ersten Rücken oberhalb der Waldgrenze ist (bis dorthin hatten wir gespurt), einen längeren Weg durch kupiertes Gelände sowie den Schlussanstieg zum Gipfelaufbau.
Rauf und runter, komplett allein
Ich empfinde den Anstieg durchaus als anstrengend, wobei mir vermutlich der kalte Wind unterhalb des Gipfels am meisten zu schaffen macht. Aber es ist natürlich toll, wie sich die Landschaft nach Westen hin langsam öffnet und die Sicht immer weiter wird, bis hinüber in die Ortlerberge.
Außerdem ist die ganze Tour traumhaft abgeschieden! Wir sind die ganze Zeit komplett alleine unterwegs und das Gelände ist durchaus weitläufig. Kein einziger Skifahrer ist an dem Tag dort unterwegs, der Grund dafür ist wohl ausschließlich in der Geländebeschaffenheit zu suchen, denn wo es den Schneeschuhwanderer freut, wenn es gelegentlich rauf und runter geht, ist es dem Skitouristen eher ein Graus, jedes Mal aufs Neue auffellen zu müssen.
Tiefschnee-Freude
Beim Abstieg ist der Wind dann wie weggeblasen und ich lasse mir alle Zeit der Welt zum Fotografieren. Weiter unten im Wald geht’s ab in den Tiefschnee, Puls 180, voll verschwitzt, Riesenspaß! Und wenn man auf der Hüttenterrasse in die Gesichter der Wanderer schaut, dann weiß man, dass der Tag kein schlechter gewesen sein kann.
Monte Castello
Am Morgen kündigt der Blick ins Freie einen Traumtag an. Wir wollen hoch zum Monte Castello, einer würfelförmigen Erhebung im Grenzkamm zwischen Südtirol und Venetien, oberhalb der Großfanesalm. Im ersten Weltkrieg war hier schwer was los, das hatten wir am Vorabend schon im Hüttenalbum gesehen und der Gipfel ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse.
Wir spazieren erstmal hoch zum Limojoch und durchqueren den Kessel der Großfanesalm. Nebenher entledigt man sich des einen oder anderen Kleidungsstücks (keine Angst, bis zum Äußersten ist es nicht gekommen).
Wir kommen dem Ziel näher
Den Monte Castello hat man bereits vor Augen, er ist aber noch ein ganzes Stück weit weg. Umso besser, denn die Spur verläuft schön und abwechslungsreich durch einen malerischen Felssturz (also, da hat uns Christian halt durchgeführt, ein Paar zeitgleich ansteigender Skitouristen gehen weiter links. Selbige machen dann mal Pause, sodass wir sie überholen und sie schaffen es im Anschluss auch nicht mehr, uns zu überholen. Ich weiß, das tut nichts zur Sache, ist aber Balsam für die Seele der oft etwas abschätzig betrachteten Tennisschlägerstapfer).
Ausblicksgenuss bei Sonnenschein
Einige Geländestufen passierend, nähern wir uns dann letztendlich dem Gipfelfelsen, der die besagte Würfelform aufweist. Unterhalb des letzten Steilaufschwungs tauschen wir die Schneeschuhe gegen Grödel. Noch ein kurzes Wegstück, dann sind wir oben. Pause in der Sonne, ein umwerfender Blick auf die unmittelbar gegenüberstehenden Tofanen, Zufriedenheit pur!
Beim Abstieg dann wieder Zeit zum Schauen, Fotografieren, Ratschen. Wir halten uns rechts von unserer Aufstiegsspur, queren schattige Mulden mit schönem Schnee und überschreiten die eine oder andere Wechte. Zum Schluss noch ein kurzer Zwischenanstieg zum Limojoch, danach lassen wir die Tour auf der Hüttenterrasse bei Apfelschorle und Hopfenkaltschale ausklingen.
Abstieg von der Fanes Hütte
Am Vorabend hat noch das eine und andere Bier den Besitzer gewechselt, die Nacht ist daher – für Hüttenverhältnisse – eher kurz. Wegen des Gepäcktransports sind bereits vor dem Frühstück die Sachen gepackt, mit dem Abmarsch pressiert es aber keinem so besonders.
Fotos gibt es vom Abstieg leider keine. Es ist noch recht schattig im Tal und verglichen mit den Bildern unserer Tourentage, wäre ohnehin jedes weitere abgefallen. Am Berggasthof Pederü verstauen wir das Gepäck und verabschieden uns. Man steht halt noch eine zeitlang unmotiviert in der Gegend rum, weil eigentlich keiner so richtig Lust hat zu gehen.
Fazit
Mir hat die Woche richtig Spaß gemacht! Ich habe nette Leute kennengelernt und auf der Hütte hat es uns an Nichts gefehlt. Vielen Dank an das tolle Hüttenpersonal, danke Fatima, danke Omar, danke Eva sowie danke an die freundlichen Wirtsleute! Das Wetter hat uns einerseits gefordert, andererseits verwöhnt und dank unseres Bergführers Christian konnten wir jeden Abend, egal wie die Verhältnisse waren, auf eine schöne Tour zurückblicken.
Ich hoffe man sieht sich einmal wieder! Und im Übrigen gilt: Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub!
Noch nicht ganz überzeugt?
Weitere Informationen für dich
- Noch mehr Fotos & Eindrücke vom Autor höchstpersönlich
- Wichtige Tipps zum Schneeschuhwandern – unser Bergführer klärt dich auf
Du möchtest genauso wie Stefan durch den Schnee stapfen?
>> Entdecke alle unsere Schneeschuhwanderungen von ASI Reisen
Schreibe einen Kommentar