Wir freuen uns über die Veröffentlichung des Reiseberichts von Christa M. in ihrer Lokalzeitung. Christa war mit ASI Reisen in den Dolomiten und wanderte über saftige Almwiesen, im Angesicht bizarrer Felsen und durch grüne Hochtäler. | von Christa M.
Im Hier und jetzt leben. Den Moment bewusst wahrnehmen. Sich selbst spüren. Im Alltag klingen diese Dinge schön, aber auch abstrakt, wie Kalendersprüche. In der wunderbaren Felsenlandschaft der Dolomiten fällt es mir deutlich leichter, präsent zu sein. Für eine Wanderwoche in den Dolomiten habe ich mich bei ASI Reisen (Alpinschule Innsbruck) angemeldet und meinen Entschluss, allein zu reisen, keine Sekunde bereut.
Bereits die Bahnfahrt ab München bis Brixen verläuft höchst amüsant. Mit mir teilen sich zwei weitere Reisende das Abteil, ein „Lebenskünstler“, wie sich der Mann mir gegenüber selbst nennt und eine temperamentvolle junge Frau. „Ich bin „Halb-Halb“, stellt sie sich vor. Sie kommt gerade von einem Besuch bei ihrer deutschen Großmutter in Düsseldorf und ist auf dem Weg zu ihrem italienischen Vater mit dem sie eine Osteria in Venedig betreibt. Wir drei unterhalten uns angeregt während vor dem Zugfenster die abwechslungsreiche Landschaft vorbeizieht und etwas schadenfroh nehme ich den Verkehrsstau am Brenner wahr.
Im Grödnertal angekommen
Bei der Vorstellung am ersten Abend lerne ich meine Mitwanderer für die kommende Woche kennen, neun Damen aus verschiedenen Ecken Deutschlands, zwei Schweizer und ein Ehepaar. Die Jüngste der Gruppe ist gerade 30 Jahre alt geworden und die Älteste sechsundsiebzig.
Am nächsten Tag stapfen wir kurz nach dem Frühstück mit unserem Südtiroler Wanderführer los. Über sanft gewellte grüne Almwiesen und durch lichte Lärchenwälder gelangen wir in ein Hochtal. Es fasziniert mich, wie die Wolken nach und nach die bizarren Felsen preisgeben, und an den steilen Zinnen, schmalen Graten und tiefen Schluchten kann ich mich kaum satt sehen. Dass einige der schönsten Felsenformationen einst Korallenriffe waren, wundert mich nicht. Seit 2009 zählt diese bestens erschlossene Bergregion zum UNESCO-Weltnaturerbe. Höchster Berg ist die Marmolata mit 3342 Metern Höhe.
Schritt für Schritt spüre ich, wie sich mein Geh-Rhythmus automatisiert und sich meine Aufmerksamkeit verschiebt, vom Kopf in den Körper, vom Denken ins Fühlen, vom Gedankenkarussell ins einfache „Da-Sein“. In dieser majestätischen Bergwelt fühle ich mich geborgen im Wissen, Teil dieses großen Ganzen zu sein.
Unsere Tagesetappen dauern bis zu sechs Stunden, manchmal bringt uns eine Seilbahn oder ein Bus zum Ausgangspunkt unserer Wanderungen zwischen Seiser Alm und Sellagruppe. Die Wege und Steige sind gut in Stand gehalten, ab und zu sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich, aber wirklich gefährlich wird es nie. Mittags kehren wir in urigen Hütte ein und abends werden wir in unserem komfortablen Hotel im Herzen von Wolkenstein mit ladinischer und mediterraner Küche verwöhnt. Unsere Gruppe harmoniert bestens, obwohl wir alters-, herkunfts- und berufsmäßig so unterschiedlich sind, und mit unserem Wanderführer Luigi haben wir viel Spaß.
„Wisst Ihr eigentlich, woher der Name „Dolomiten“ kommt“, fragt er uns eines abends.
Das wissen wir natürlich nicht. Was er dann erklärt, finde ich sehr interessant: Im 18. Jahrhundert wurden die Berge noch als „Bleiche Berge“ oder „monti pallidi“ bezeichnet. Dann reiste fast zur gleichen Zeit wie Goethe der französische Geologe Déodat de Dolomieu (1750–1801) durch das Eisacktal. Ihm schien sich das Gestein von den bekannten Kalkbergen zu unterscheiden, er analysierte es und stellte bei der Salzsäureprobe fest, dass es sich um magnesiumsauren Kalk handelte. So erhielten ihm zu Ehren die uralten Kalkberge 100 bis 200 Millionen Jahre, nachdem sie als Ablagerung im sogenannten Triasmeer entstanden waren, den Namen „Dolomit“.
Durch die Dolomiten verlief während des ganzen hohen und späten Mittelalters, sowie bis in die napoleonische Zeit die Grenze zwischen Deutschland bzw. Österreich und Italien. Während des Ersten Weltkriegs (1915–1918) war die Grenze Gebirgsfront, es wurde erbittert gekämpft und vielerorts sind noch Kriegsspuren zu sehen.
Die Höhepunkte der Wanderreise in den Dolomiten
Besonders beeindruckend für mich ist die Tour vom Plateau der Seiser Alm aus über die Plattkofelhütte auf dem König-Friedrich-August Höhenweg zum Sellajoch auf 2.244 m. Der Sachsenkönig Friedrich August war vom Dolomitenpanorama zwischen Seiser Alm und Sellajoch so beeindruckt, dass 1906 auf seine Initiative hin ein Höhenweg angelegt wurde.
Es wird mir aber auch die anstrengende Wanderung vom Grödnerjoch unter den Cirspitzen zur Puezhütte (2.475 m) und durch das einsame Langental mit der Sylvester-Kapelle und ihren 300 Jahre alten Fresken über das Leiden Jesus unvergesslich bleiben.
Außergewöhnlich auch unser Ausflug nach Bozen, denn da lernen wir die „Erdpyramiden“ kennen. Die neue Rittner Seilbahn bringt uns bequem nach Oberbozen. Von dort fahren wir mit der über 100 Jahre alten, romantischen Schmalspurbahn bis nach Klobenstein. Mit der Markierung „Erdpyramidenweg“ wandern wir gemütlich über das Rittner Hochplateau mit grandiosen Ausblicken zum Schlernmassiv. Dann stehen wir staunend vor dem Naturwunder: Bis zu einer Höhe von 30 m wachsen Erdsäulen aus dem Boden. Erdpyramiden gibt es auf allen Kontinenten.
Sie entstehen unter ganz besonderen Bedingungen. Es braucht einen lehmigen, feinkörnigen Untergrund, in den auch größere Steine eingebettet sind. Besonders geeignet sind Moränenablagerungen, die bereits zu einem bestimmten Grund verfestigt sind und sich in einer windgeschützten Lage im steilen Gelände befinden. Im Laufe von mehreren tausend Jahren wird ein Erdkegel geformt und die Erdpyramide entsteht. Die Rittner Erdpyramiden sind die höchsten Europas und die am besten ausgeformten.
Leider vergeht die Woche viel zu schnell. Unser Hotel schließt am Tag nach unserer Abreise, denn jetzt gilt es zu reparieren und zu renovieren, damit alles wieder Top ist wenn die Skisaison beginnt, und in dem auf 1.563 Meter Höhe gelegenen Wolkenstein kann dies bald der Fall sein.
Der Bus bringt mich in einer Stunde zurück nach Brixen und da mein Zug erst nachmittags fährt, bummle ich noch ein wenig durch das Eisackstädtchen. Meistens rasen die Autofahrer auf ihrem Weg nach Süden an dem einstigen Bischofssitz vorbei, dass es sich aber lohnt, hier einen Stopp einzulegen, stelle ich bald fest. Schön die idyllischen Gassen, die mittelalterlichen Lauben und Stadttore, die Bürgerhäuser, welche einen gediegenen Wohlstand zeigen und der Dom mit dem farbenprächtigen Kreuzgang. Heute geht es im Ort besonders lebhaft zu, denn es finden sowohl ein Bauernmarkt als auch ein internationales Musikantentreffen statt. Im Garten der Hofburg lasse ich mich auf einer Bank nieder und lasse die Umgebung auf mich wirken.
Das Fazit meiner Wanderwoche: Das Motto von ASI kann ich bestätigen „nur wo Du zu Fuß warst, warst Du wirklich“.
>> Hier findet ihr alle Details zur Wanderreise “Dolomiten – Grödnertal”
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