Vor dem Start der sommerlichen Hochsaisonzeit im Büro wollte ich zum Krafttanken noch einmal ein paar Tage aktive Erholung genießen. Nach ein bisschen Hin- und Herüberlegen und den hilfreichen Tipps meiner Kollegen aus dem Europateam fiel meine Wahl auf Kreta und unsere ASI Reise „Kretas weiße Berge erwandern“. Hier versprach ich mir eine abwechslungsreiche Mischung aus spannenden Wanderungen, Sonne, Meer, genussvollem Essen und Entspannung. Und ich wurde nicht enttäuscht!
1. Tag
Von München flog ich bereits am frühen Morgen nach Heraklion. Ein knapp 90-minütiger Transfer entlang der Nordküste brachte mich zusammen mit zwei anderen Teilnehmern unserer Gruppe zu unserem Hotel in Georgiopolis. Das 4-Sterne Hydramis Palace Resort sollte für die nächsten 7 Tage unser Basislager sein und stellte sich als perfekte Unterkunft dar, um von hier aus zu unseren Wanderungen in Kretas weißen Bergen aufzubrechen und nach der Rückkehr am hoteleigenen Strand oder der großzügigen Poolanlage zu regenerieren.
Aufgrund meiner frühen Ankunft konnte ich am ersten Tag noch ausgiebig im Mittelmeer herumplanschen, mich von der Sonne anbräunen lassen und die Poolbar austesten. Urlaub also gleich vom ersten Tag an.
Am Abend war dann offizielle Begrüßung – mit einem kühlen Glas kretischen Wein empfing uns unser Wanderführer Leonidas. Mit mir waren wir 7 Teilnehmer, also eine eher kleine Gruppe. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde bekamen wir von Leonidas noch ein paar Informationen zum geplanten Programm unserer Wanderwoche.
2. Tag
Zu unserer ersten Wanderung starteten wir am nächsten Morgen in Richtung Süden. Vom Hotel brachte uns ein kleiner Shuttlebus zum Start in Aradena. Dieses Dorf ist heutzutage ein Geisterdorf aus Ruinen, in den 1960er Jahren war hier der Schauplatz der letzten Blutrache auf Kreta. Die Ruinen bieten einen pittoresken Anblick. Unweigerlich muss man an den Wilden Westen denken und den Film „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Das Geisterdorf liegt direkt an der Kante zur Aradena-Schlucht, eine der spektakulärsten Schluchten auf Kreta. Über einen schmalen Steig geht es hinunter auf den Grund der Schlucht. Links und rechts ragen die Felswände fast 150 m senkrecht nach oben. Angenehm kühl ist es hier unten, da durch die Enge und die steilen Wände fast kein Sonnenstrahl bis zum Grund der Schlucht hinunter reicht.
Zuerst recht karg durch Geröll, dafür aber umgeben von allen möglichen Felsfarben – grau, braun, ocker, fast rot – führt uns die Route durch die Schlucht. Je näher wir dem Meer kommen, umso grüner wird es in der Schlucht. Es sind fast schon Wälder an blühenden Oleandersträuchern durch die sich die Route schlängelt, bevor wie an einer kleinen Bucht am lybischen Meer das Ende erreichen: türkisblaues Wasser, ein kleiner Strand, ein paar Palmen und auf einem Felsen eine Taverne mit feinem Essen– was will man mehr.
Nach einer Rast, bei der wir uns mit allerlei Köstlichkeiten gestärkt haben, wandern wir entlang der Steilküste zum kleinen Örtchen Loutro. Weiße Häuschen schmiegen sich hier am Ufer einer Bucht an die dahinter aufragenden Berghänge. Zeit, um auch mal ins Wasser zu springen und sich von den Anstrengungen der Wanderung zu entspannen. Und eine gute Gelegenheit, die Szenerie vom Wasser aus zu betrachten. Nachdem wir beim Bier sitzend und träumend die offizielle Fähre verpassen, chartert unser Guide Leonidas kurzerhand ein kleines Boot. Denn nur per Schiff kommt man in dieses Postkartenidyll. Nach einer schnellen Fahrt übers Meer erwartet uns dann in Hora Sfakion unser Shuttlebus, der uns zurück ins Hotel bringt. Der erste Wandertag geht mit vielen Eindrücken zu Ende.
3. Tag
Da ich noch einige Sachen fürs Büro zu erledigen hatte, nahm ich mir heute einen Tag Auszeit von den geplanten Wanderungen. Während ich auf die Tasten am Notebook einhackte, war die Gruppe an den Hängen des 1.776 m hohen Kedros unterwegs. Hier findet sich ein Naturschutzgebiet mit einer einzigartigen Pflanzenwelt. Neben der Bergtour über aussichtsreiche Felspfade verpasste ich auch wieder ein Mittagessen mit allerlei einheimischen Köstlichkeiten. Die anderen Teilnehmer der Gruppe schwärmten von den Gaumenfreuden.
4. Tag
Unser Shuttle-Bus brachte uns früh am Morgen vom Hotel nach Anopolis auf knapp 600 m Meereshöhe. Hier stiegen wir in einen Jeep um, der uns über Schotterpisten hinauf ins Zentrum von Kretas weißen Bergen brachte. Neben dem Fahrer oder auf der Ladepritsche sitzend, egal wo, wir wurden kräftig durchgeschüttelt, bis auf etwa 1.600 m Höhe die Fahrt zu Ende war. Eigentlich sollte es noch weiter hinauf in die Berge gehen, aber im Gegensatz zu den Alpen war der Winter in diesem Jahr auf Kreta besonders schneereich. Und die Schotterstraße war ab hier noch teils mit ausgedehnten Schneefeldern und Lawinenkegeln verschüttet.
Also hieß es schon früher aussteigen als geplant und unser Tourenziel anpassen. Der Gipfel des Pachnes (2.453 m), so wie angedacht, wäre von hier aus noch zu weit gewesen. Guide Leonidas schlug als neues Ziel den Dochi vor. Zwar „nur“ 2.149 m hoch, aber ebenfalls mit einer großartigen Aussicht. Und wir wurden nicht enttäuscht.
Durch eine Karstlandschaft starteten wir den Aufstieg in Richtung Gipfel. Zuerst noch auf einem Pfad, später dann weglos, näherten wir uns dem Gipfel. Mit jedem Meter weitete sich die Sicht, aber auch der Wind nahm kräftig zu. Ein fantastisches Panorama mit Aussicht auf die Gebirgskette von Kretas weißen Bergen, die in diesem Jahr aufgrund der zahlreichen Schneefelder ihrem Namen alle Ehre machte, bis hinunter zur Küste am Lybischen Meer erwartete uns am höchsten Punkt. Den Gipfelschnaps, ein von Leonidas selbst verfeinerter Raki, gab es wegen des starken Höhensturms ein paar Meter tiefer in einer windgeschützten Mulde.
Nach kurzer Rast und vielen Fotos stiegen wir über die Aufstiegsroute wieder ab und wurden vom Jeep hinunter nach Anopolis gebracht. Dort wurden wir in der Dorftaverne einmal mehr bestens bewirtet, bevor es wieder zurück in unser Hotel am Meer ging.
5. Tag
Eine weitere Tour durch eine der vielen Schluchten auf Kreta steht heute auf dem Programm. Unser Shuttle bringt uns vom Hotel über eine kurvenreiche Bergstraße zur Kourtaliotiko-Schlucht. Etwa in der Mitte der Schlucht starten wir unsere Wanderung mit dem Abstieg zur Nikolaus-Kapelle. Oberhalb eines imposanten, in den Felsen eingeschnittenen Wasserfalls schmiegt sich die kleine Kirche eng an die Felswände der Schlucht.
Entlang des kleinen Kourtalio-Flusses wandern wir von hier aus in Richtung Süden, wieder dem Meer entgegen. Die Route verläuft mal links und mal rechts des Bachbettes und entpuppt sich anfangs als abenteuerlicher als gedacht. Hier, wo die Felswände links und rechts noch eng beieinanderstehen, hat das letzte Hochwasser den extra angelegten Steg für den Weg weggerissen. So müssen wir bei der Routenwahl etwas improvisieren. Gewürzt mit ein paar barfüßigen Flussdurchquerungen finden wir aber die passende Route, bevor sich die Schlucht weitet und wir auf einfacherem Weg den Strand von Preveli erreichen.
Hier an der Südküste bildet die Mündung des Kourtalio ins Meer eine malerische Lagune mit einem tropischen Palmenhain und türkisblauen Wasser. „So muss es in der Südsee aussehen“ geht mir unweigerlich durch den Kopf. Natürlich haben wir hier Gelegenheit zum erfrischenden Sprung ins Wasser. Highlight ist die Möglichkeit, vom Meer ausgehend im etwa hüft- bis brusttiefen Fluss landeinwärts zu waten, links und rechts gesäumt von einem dichten Palmendschungel.
Nach ausgiebigem Bad wandern wir noch eine knappe Stunde der Küste entlang weiter zu unserer heutigen Taverne, wo uns mit vollem Bauch und vielen Eindrücken unser Shuttle zur Rückfahrt ins Hotel abholt.
6. Tag
Wenn man zum Wandern nach Kreta kommt, gehört eine Besteigung des Psiloritis unbedingt dazu. Der Gipfel ist mit 2.456 m Höhe nicht nur der höchste Berg der Insel, sondern an seinen Hängen wurde der Überlieferung nach auch Zeus geboren. Ein Aufstieg gehört also zum absoluten Pflichtprogramm.
Wir starten den Aufstieg am Mygero Refuge, einer leider etwas verwahrlosten Berghütte in 1.580 m Höhe, wohin uns am Morgen unser kleiner Shuttle-Bus bringt. In recht gleichmäßiger Steigung geht es von hier aufwärts, bis wir den langen Bergrücken erreichen, der zum höchsten Punkt führt. Über Kalkplatten und Geröll, ein paar Schneefelder querend, steigen wir weiter – vom Charakter eine klassisch alpine Bergwanderung.
Auf der großen Gipfelkuppe werden wir mit einem fantastischen 360° Fernblick belohnt, fast die gesamte Insel können wir von hier überblicken. Die Steinmauer der hier oben stehenden Timeos-Stavros-Kapelle bietet uns den nötigen Schutz vor dem starken Höhensturm, um mit dem von Leonidas mitgebrachten Raki gemeinsam auf den Gipfelerfolg anzustoßen.
Hinab geht aus auf der gleichen Route, wo wir am Parkplatz an der Mygero-Hütte ein von unserem Guide Leonidas vorbereitetes Picknick genießen, bevor es zurück ins Hotel geht.
7. Tag
Unsere Abschlusstour führt uns in die karge Gebirgskette des Agkathes-Massivs. Nach kurzer Fahrt starten wir im kleinen Ort Kalikrates. Zuerst noch auf Hirtenpfaden, später dann weglos und ohne Markierungen erreichen wir den höchsten Punkt des Tages bei 1.511 m.
Während an den bisherigen Tagen fast durchgehend Sonnenschein war, vielleicht mit ein bisschen stärkerem Wind auf den Gipfeln, zeigt sich heute das Wetter von einer anderen Seite. Unten an der Küste scheint zwar nach wie vor die Sonne, über den Bergketten im Landesinneren haben sich aber ausgedehnte Wolkenfelder gebildet, die vom Sturm über die Gipfel getrieben werden und dort immer wieder auseinanderreißen. Ein eindrucksvolles Schauspiel.
Dank unseres Guides Leonidas gelingt auch die nicht ganz einfache Orientierung im weglosen Gelände dieser eindrucksvollen Bergszenerie und wir können das gesamte Bergmassiv wie geplant überschreiten. Weiter unten, nicht mehr dem Sturm ausgesetzt, lassen wir uns unter ein paar alten Eichen nieder, um die Tour mit einem Picknick zu beenden, was wir bis hierhin mitgetragen haben. Natürlich macht dabei auch Leonidas sein Raki die Runde, bis der letzte Tropfen getrunken ist.
Auf einer bequemen Forststraße geht es von hier noch weiter bis zur Hochebene von Askyfou, wo wir wieder von unserem Shuttle und unserem zuverlässigen Fahrer punktgenau abgeholt werden.
8. Tag
Da mein Rückflug erst für den Abend geplant ist, kann ich zum Ende noch einmal einen entspannenden Tag am Meer genießen. Vom Hotelstrand wandere ich eine knappe Stunde entlang der Brandung bis zum Episkopi-Beach. Hier wartet ein breiter Sandstrand und dahinter ein schattiges Kiefernwäldchen mit einer Bar, wo man auf einer Liege bei einem kühlen Getränk relaxen kann.
Zurück im Hotel holt mich gegen 15 Uhr der Shuttle-Bus in Richtung Flughafen ab. Nur mit dem Rückflug wurde es nichts, zumindest nicht so wie geplant. Wegen schwerem Gewitter in München, Überlastung, Kapazitätsengpassen und und und wurde es erst eine halbe Stunde Verspätung bis zum Abflug, dann eine Stunde und dann eine Flugstreichung. Irgendwann bin ich dann aber doch wieder zurückgekommen, aber das ist eine andere Geschichte.
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