“Neugierige Kühe, gutes Essen, Nebel & gewaltige Ausblicke:
unsere Alpenüberquerung war ein voller Erfolg.”Marina & Maike | ASI Travel Ambassadors
Ihr habt euch schon mal durch den Kopf gehen lassen, die Alpen zu Fuß zu überschreiten? Die beiden ASI Travel Ambassadors Marina und Maike haben diesen Sommer bereits zum zweiten Mal eine Alpenüberquerung gemacht. Dieses Mal von Garmisch nach Sterzing. Was sie dabei genau erlebt haben, wieso auch ein Tag mit Nebel seine Reize hat und wie relaxed die „Kühe des Südens“ sind, erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Das Tagebuch einer Alpenüberschreiterin
Als Marina meinte „Maike, du hast doch die Alpen schon überquert! Hast du Lust, das ganze Abenteuer ein zweites Mal anzugehen?“, dachte ich zuerst „Muss das wirklich noch einmal sein?“. Im letzten Jahr bin ich nämlich den E5 von Oberstdorf nach Meran gewandert und so großartig es auch gewesen sein mag, meine Füße hatten eigentlich keine Lust mehr, noch einmal sechs Tage am Stück bergauf und bergab zu laufen. Doch die Liebe zu den Bergen siegte über die Meinung meiner Füße und so kam es, dass Marina und ich Anfang August gemeinsam den Weg nach Sterzing in Südtirol antraten.
Um das Ganze im Nachhinein nicht mit zu viel Zucker zu bedecken und der Wanderung nicht die Anstrengung zu nehmen, folgen nun meine Tagebucheinträge, die das Erlebte so schildern, wie es sich am Ende eines Wandertages in den Alpen nun einmal anfühlt.
Tag 1: Garmisch – Leutasch
Heute Morgen hat uns der Zug von Ulm nach Garmisch gebracht, wo am Mittag dann unsere Alpenüberquerung gestartet ist. Mit der Eckbauerbahn, direkt neben der Skisprungschanze, ging es hoch auf 1.250 m. Für unsere Beine war das quasi die Ruhe vor dem Sturm. Als unsere Gondel die dichten Wälder verließ, hatten wir freien Blick auf die umliegenden Berge. Auch Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze, ragte zu unserer Rechten empor, und wurde von vielen Fallschirmspringern und Paraglidern umkreist. Kein Wunder bei dem Wetter, die Aussicht von dort oben muss wohl grandios gewesen sein. Gegen ein bisschen Wind hätten auch Marina und ich nichts gehabt. Die Sonne hatte ihre ganze, geballte Feuerkraft vereint und zeigte abermals, dass Sommer in Deutschland sehr wohl möglich ist. Die seichten Wald- und Wiesenwege kamen uns heute darum gerade recht.
Der Weg führte uns zuerst zum Schloss Elmau, das idyllisch am Fuße des Wettersteingebirges liegt. Von dort hielten wir uns links und wanderten am gemütlich plätschernden Ferchenbach entlang zum gleichnamigen See, der bei den sommerlichen Temperaturen natürlich gut besucht war. Wir packten die Bikinis aber nicht aus, sondern machten uns weiter auf den Weg zu See Nummer zwei, der nicht lange auf sich warten ließ: der Lautersee. Hinter ihm ragt das Karwendelgebirge empor, auf dessen Kamm sich schon die Grenze zu Österreich befindet. Hier machten wir kurz Rast, um unseren Beinen eine kleine Auszeit zu gönnen und genossen das fröhliche Lachen der Badegäste und das Läuten der Ziegenparade, die langsam einen kleinen Pfad herunter schlenderte und im Gänsemarsch hinter dem Ziegenpeter zurück Richtung Elmau lief. Plötzlich bemerkten wir, dass sich immer mehr dunkle Wolken über dem Karwendel-Gebirge zusammenbrauten. „Nicht, dass es anfängt zu gewittern. Wir sollten zügig weitergehen!“, meinte Marina. Wenn ihr schon mal ein aufkommendes Gewitter in den Bergen miterlebt habt, wisst ihr es wohl auch: Wenn es in den Bergen nach Gewitter ausschaut, sollte man nicht trödeln.
Also schulterten wir unsere Rucksäcke, um die letzte Etappe für heute anzutreten. Aus unserer Eile heraus schlugen wir einen anderen Weg ein, als der Plan vorgesehen hatte. Ob es jetzt daran lag oder an der Tatsache, dass wir zu lange am Lautersee verweilt hatten, war im Endeffekt egal. Fakt war: Wir verpassten den letzten Bus zu unserem Hotel. Etwas gestrandet saßen wir in Mittenwald. Gut, dass es so nette Taxifahrerinnen wie die Margarethe gibt, die uns sicher zum Hubertushof in Leutasch, Österreich, gebracht hat. So haben wir die Grenze dann zwar per Taxi überquert, aber zu Fuß wären wir noch einmal zwei Stunden mehr unterwegs gewesen. Und unsere hungrigen Bäuche knurrten ihre Zustimmung zu unserer Entscheidung. So neigt sich der erste Wandertag dem Ende.
Tag 2: Leutasch – Innsbruck – Axams
Wie beginnt ein Tag am besten? Frühstück, sagt ihr? Nein, mit kleinen Ziegen! Der Hubertushof in Leutasch hat so ein paar Vierbeiner draußen herumlaufen und denen mussten wir natürlich erst einmal „Hallo“ sagen, bevor es heute los ging. Neugierig steckten sie ihre Köpfe durch den Zaun, vermutlich voll Erwartung, dass wir etwas zu Futtern bringen. Wir hatten so viel Freude an den Ziegen und Zicklein, dass wir fast die Zeit aus den Augen verloren hätten. Denn bald schon würde unser Bus Richtung Leutasch Innenstadt fahren, wo unsere heutige, sehr kurze Etappe begann. Also verabschiedeten wir uns von unseren gehörnten Freunden und liefen zur nahegelegenen Bushaltestelle.
Im Leutascher Ortskern angekommen, führte uns eine geteerte Straße zunächst durch Wohngebiete bevor sie sich dann in Schotter umwandelte und sich in den angrenzenden Nadelwald hinein schlängelte. Diesem schattigen Weg folgten wir dann stetig aufwärts, was bei der erneuten Wärme natürlich eine Wohltat war. Den Bäumen und ihren Ästen sei Dank – Schatten ist im Sommer wirklich Gold wert. Mit freundlichen Tieren hatte es dieser Tag übrigens in sich. Denn sobald wir den Wald verließen und die Wildmoosalm erreichten, wurden wir von fröhlichem Glockengeläut begrüßt.
In meinen Gefilden in Ostwestfalen dominieren ja schwarz-weiße Milchkühe das Landschaftsbild und meistens sind diese eher schreckhaft als genügsam und zutraulich. Die Kühe des Südens allerdings kann so schnell nichts aus dem Gleichgewicht bringen. Sie sind neugierig, lassen sich streicheln und strahlen Ruhe aus. Doch nicht nur die Kühe brachten uns zum Lächeln, auch die Weitsicht auf die Berge war ein Genuss für die Augen. Für uns ging es heute allerdings auf keinen Berg mehr, sondern von der Alm direkt hinunter nach Seefeld in Tirol. Da wir flotten Schrittes unterwegs waren, hatten wir noch Zeit, in Seefeld eine kurze Pause einzulegen, bevor uns der Zug nach Innsbruck brachte. Innsbruck hätten wir uns zu gerne genauer angeschaut, aber das nächste Verkehrsmittel wartete schon wieder auf uns: ein Bus, der uns nach Axams zum Schlösslhof bringen sollte. Wenn ihr allerdings noch ein paar Stündchen Zeit habt, wäre Innsbruck auf jeden Fall eine kleine Erkundungstour wert.
Von unserer Unterkunft in Axams hatten wir einen traumhaften Blick auf die Nordkette, die Teil des Karwendelgebirges ist. Der Abend war so schön lau, dass wir zum Essen sogar draußen sitzen und die Berge noch länger anhimmeln konnten. Der perfekte Ausklang nach einem relativ entspannten Tag zwei in den Alpen.
Tag 3: Axams -Axamer Lizum – Telfes
Endlich!! Nach zwei Tagen im Wald ging es heute so richtig los mit der Wanderei. Sechs Stunden haben uns unsere Füße von der Axamer Lizum bis ins Stubaital nach Telfes getragen. Jetzt sind wir wahrlich müde, aber auch wahrlich froh.
Nach einer kurzen Busfahrt heute Morgen kamen wir in der Axamer Lizum an – Wanderparadies im Sommer und Skimekka im Winter. Schnee als Abkühlung wäre natürlich klasse gewesen, aber rutschiger Untergrund sind eher unpraktisch beim Wandern. Also umarmten wir einfach die Sonne, die Berge und die Aussicht auf einen anstrengenden Tag, denn unser erstes Etappenziel war das Halsl auf 1.992 m. Wenn man den Bergen so nah ist, dann ist die Anstrengung recht schnell vergessen. Zunächst wanderten wir durch lichten Wald, immer bergaufwärts, vorbei an grasenden Kühen. Der Weg dort war geprägt von Geröll und Wurzeln – genau so, wie ich Wanderwege mag. Rechts von uns ragten die beeindruckenden Kalkkögel empor, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den statuenhaften Bergen der Dolomiten haben.
Bald schon erreichten wir die Baumgrenze und das Halsl. Dort nahm uns eine kalte Brise in Empfang, die uns das erste Mal, seitdem wir in unser Abenteuer gestartet sind, dazu brachte, unsere Jacken anzuziehen. Deshalb ist es so wichtig, immer ein paar Schichten auf seinem Rücken mit zu tragen, denn das Wetter in den Bergen kann schnell umschwenken – Fleece- und Regenjacke haben mir in solchen Momenten schon so manches Mal aus der Patsche geholfen. Hier oben verweilten wir etwas länger und ließen unsere Blicke über die Berge schweifen. Hinter uns konnten wir das Karwendel und die Axamer Lizum erblicken und vor uns weitete sich das Stubaital aus. Die Stille, die uns dort oben umgab, war so friedlich… Wir mochten fast nicht mehr weiterwandern und wären am liebsten einfach den restlichen Tag dort oben verharrt. Aber uns stand noch ein Abstieg von knapp dreieinhalb Stunden bevor und so machten wir uns bald wieder auf die Beine.
Der Höhenweg hinunter nach Telfes war ein wahres Wandergedicht. Die Aussicht brachte uns immer wieder zum Staunen und um uns herum schwirrten die ganze Zeit kleine Schmetterlinge, die sich ohne Scheu auf unseren Händen, Köpfen und Schultern niederließen. Schrittchen für Schrittchen und langsam aber sicher wollten unsere Knie lieber nicht mehr wandern. Doch eine letzte, steile Etappe stand ihnen noch bevor: der von Farn und Bäumen gesäumte Hirtensteig. Über Stein und Wurzeln bahnten wir uns den Weg hinunter ins Tal und bald schon befanden wir uns wieder zwischen Häusern und Kirchen. Die Hälfte unserer Alpenüberquerung wäre also geschafft.
Tag 4: Telfes – Trins
Mein Bauch ist gerade gefüllt mit Kaasknödln, der Kopf mit Bildern vom Tag. Die vierte Etappe ging genau so schön weiter, wie die gestrige aufgehört hatte. Gut, dass ich nie genug von alpinen Aussichten bekommen werde, denn die warteten heute wieder on mass auf uns zwei.
Zunächst brachte uns die Serlesbahn in Mieders hinauf auf 1.600 m Höhe. Über uns strahlte der Himmel im schönsten Blau und die Sonne ließ ihre Strahlen auf unserer Haut tanzen. Die Berge und Wälder des Stubaitals zeigten sich von ihrer Schokoladenseite. Unser erstes Ziel heute war das Wallfahrtskloster Maria Waldrast und da wir wussten, dass uns heute noch ein steiler Anstieg bevorsteht, machten wir uns schnell auf den Weg, der uns zunächst durch Kiefernwälder führte. Zwischendurch konnten wir durch die Baumstämme und Äste immer wieder einen Blick auf die felsigen Riesen erhaschen. Bald schon erreichten wir das Kloster auf 1.638 m Höhe, gönnten uns einen Schluck eiskaltes Quellwasser aus dem Brunnen und wanderten dann weiter.
Unser nächstes Ziel war die Matreier Ochsenalm (1.557 m), die in einem wunderbaren Tal liegt, das sich tief in den Bergen verliert. Der Name „Ochsenalm“ ist auf jeden Fall Programm, denn auf den weiten Wiesen vor der Hütte faulenzten und grasten unzählige Kühe. Dem Pfad, der durch die Herde hindurchführte, folgten wir allerdings nicht. Für uns ging es links in den Wald hinein und über eine kleine Anhöhe in das benachbarte Tal, wo jetzt der richtige Anstieg begann. Durch Latschenkiefern und über Geröllfelder führte uns der Wanderweg in Serpentinen immer weiter nach oben. Zwischendurch drehten wir uns um und schauten nach hinten – das Kloster lag bereits weit unter uns und wir waren erstaunt, wie schnell uns unsere Füße und Beine diesen Berghang hinauftragen. Immer höher, immer steiler wanderten wir, bis wir auf 2.114 m einen Sattel erreichten und erst einmal die Aussicht genießen konnten. So eine Idylle! Grüne Almen, kleine Hütten und an einem kleinen Berghang unter uns wurde Heu geerntet. Am meisten beeindruckte mich aber die 2.718 m hohe Serles, die markant in den Stubaier Alpen thront. Die Formen und Schichten des Berges wurden von der Erde so einzigartig gemalt, dass man sich, wie in einem guten Kunstwerk, richtig darin verlieren konnte.
Satt gesehen hatten wir uns noch lange nicht, aber es gab auch noch einen anderen Hunger, der gestillt werden musste – gut, dass die Blaserhütte auf 2.176 m ganz in der Nähe lag. Also machten wir uns leichten Fußes wieder auf den Weg, denn der Pfad hier war schön ebenerdig und zu meiner großen Freude wartete die Hütte mit meiner liebsten Bergspeise auf: Kaiserschmarrn. Nichts schmeckt so köstlich in den Bergen, wie eine gute Portion Kaiserschmarrn. Gemütlich saßen wir in der urigen Hütte, während der Wind draußen einen Zahn zulegte. Doch hier drinnen, im kaminbeheizten Raum, konnte uns weder Wind noch Kälte etwas anhaben.
Doch auch die urigste Pause geht einmal zu Ende. Wieder draußen angekommen, stellten wir fest, dass die Temperaturen stark gesunken waren und auch der Himmel hatte seine hellblaue mit Wolken betupfte Farbe in ein dunkles Blau-Grau umgewandelt. „Wir sollten uns wohl ein wenig beeilen!“ sagte ich zu Marina und wir schmissen uns schnell wieder in ein paar mehr schützende Schichten und schulterten abermals unsere Rucksäcke. Ein letztes Mal genossen wir das Panorama von hier oben, bevor wir uns dann aufmachten zum letzten Abstieg des vierten Tages: hinunter nach Trins, Tirol. Die Schotterstraße, der wir nun folgten, führte uns vorbei an Almen, Schafwiesen und den prächtigsten Aussichten. Besonders dramatisch wurden die Berge in Szene gesetzt, als sich der Himmel über uns immer mehr verdunkelte und nur noch ein paar Sonnenstrahlen die graue Decke durchdringen konnten. Und dann, nachdem wir den ganzen Sommer auf dem Trockenen gesessen hatten, fielen endlich wieder Regentropfen vom Himmel. Eine wahrlich wohlige Erfrischung, über die wir uns mehr freuten, als ärgerten.
Bald schon erreichten wir wieder dichtere Wälder und eine Stunde später unser Ziel, den Trinserhof. Wir wurden herzlich empfangen und waren schlichtweg begeistert von der Atmosphäre des Hotels, dessen Interieur mehr einem alten Herrenhaus gleicht. Nach einer (sehr kurzen und sehr kalten) Abkühlung im Swimming Pool und einem exzellenten Abendessen, liegen wir jetzt in unseren Betten und warten schon gespannt darauf, was der nächste Tag so mit sich bringt.
Tag 5: Trins – Trins – Obernberg
Ich kann euch sagen, was der nächste Tag so mit sich gebracht hat: Nebel, Nebel und nochmal Nebel. Der ursprüngliche Plan war, mit der Bergbahn Bergeralm hoch Richtung Nösslachjoch zu fahren, was auch unser erstes Etappenziel gewesen wäre. Von dort wären wir hinunter zum Lichtsee gewandert, um dann den Abstieg nach Obernberg zu beginnen, unserem heutigen Ziel. Die Realität sah dann aber ganz anders aus – wenn man überhaupt von „sehen“ sprechen kann. Die Bergbahn hatte nämlich wegen Regen geschlossen. Eine nette Dame versicherte uns aber, dass man auch spielend leicht in ein paar Stunden zum Nösslachjoch hoch wandern könnte und für gewöhnlich vertraut man den Einheimischen ja, denn die wissen schließlich, wovon sie reden.
Somit machten wir uns zu Fuß auf den Weg Richtung Bergeralm. Doch mit jedem Schritt der uns weiter nach oben führte, wurde der Nebel um uns herum dichter. Noch waren wir sehr fasziniert davon, denn unterhalb der Baumgrenze hing der Nebel magisch zwischen den Baumstämmen. Als wir die Grenze auf dem Weg zur Nösslachjochhütte dann aber passierten, wurden wir vom dichten Nebel regelrecht eingeschleust. An einer verlassenen Almhütte ignorierten wir das Schild zum Nösslachjoch, da offensichtlich keine Hoffnung auf eine grandiose Aussicht von dort oben bestand, und schlugen stattdessen den direkten Weg zum Lichtsee ein. Nur so direkt wie wir dachten, war das Unterfangen dann doch nicht. Ab hier bestand unsere Wanderung nur noch aus einem Versteckspiel mit den Wegweisern. Ein Versteckspiel, das wir definitiv verloren haben.
Gerne hätte ich unsere Fußstapfen verfolgt – von oben betrachtet muss es das reinste Durcheinander gewesen sein. Plötzlich sahen wir wieder blassgelbe Pfeile im Nebel vor uns, die immer deutlicher wurden, je näher wir heran stapften. Freudig begannen wir zu lesen, doch auf keinem der sechs Pfeile stand Nösslachjoch oder Lichtsee. Die Verzweiflung muss uns ins Gesicht gestanden haben. Auch unsere Handys vermochten uns nicht mehr zu helfen und nach einem Blick auf die Uhr, es war bereits 3 Uhr nachmittags, wurden wir so langsam nervös. Da entschieden wir uns für den einzig vernünftigen Weg: den Weg zurück nach Trins. Je weiter wir herunter wanderten, desto spärlicher wurden auch die Nebelwaden und bald schon war es fast ein Kinderspiel, die Wegweiser zu finden.
Der Wanderweg führte uns durch eine kleine Herde Kühe, die uns neugierig beäugten und dann Schritt für Schritt immer näherkamen, um herauszufinden, was wir für Gestalten sind. Hier verbrachten wir ein paar Minuten, streichelten die Kühe und lachten über die Tatsache, dass wir rechts von uns schon wieder hinunter nach Trins sehen konnten. Nach zwei weiteren Stunden erreichten wir unseren Startpunkt gerade rechtzeitig, um den Bus nach Obernberg zu nehmen. Bei Almi’s Berghotel wurden wir so warm und mit einem großen Lächeln empfangen, dass die Strapazen von heute fast schon wieder vergessen waren und als wir von unseren Alpen-Mitstreitern dann mit Jubeln und Klatschen begrüßt wurden, konnten wir beide wirklich nur noch lauthals über den heutigen Tag lachen.
Tag 6: Obernberg – Gossensaß
Geschafft! Marina und ich können jetzt von uns behaupten, dass wir von Garmisch nach Sterzing gelaufen sind. Der letzte Tag hat alles, was gestern passiert ist, wieder wett gemacht. Die Sonne schien für uns, die Berge ließen sich in ihrer vollen Pracht blicken und die Wegmarkierungen waren so deutlich zu erkennen, dass wir gar nicht vom Weg abkommen konnten.
Nach einem absolut grandiosen Frühstück in Almi’s Berghotel, bei dem man sich fast zusammenreißen musste, um nicht mit einem kugelrunden Bauch die Etappe starten zu müssen, machten wir uns gegen 9:00 Uhr auf Richtung Obernberger See. Die Luft draußen war klar und frisch und ein paar letzte Wolken hingen noch an den Berghängen. Nach einem kurzen aber steilen Anstieg, der uns an einem alten Bauernhof vorbeiführte, erreichten wir den Obernberger See. Diesem sah man den Sommer wahrlich an, denn seine Ufer liegen sonst wohl nicht so weit unter dem Gehweg, der idyllisch um den See herumführt. Doch auch das konnte die Aussicht nicht trüben. Wie herrlich doch ein Bergpanorama ist.
Für uns ging es jetzt ein kurzes Stück durch den Wald, bevor wir wieder auf saftig-grünen Wiesen standen. Der Pfad lenkte unseren Weg jetzt hinein in ein Tal, das uriger nicht hätte sein können. Vor uns ragten die grasbewachsenen Berge empor und in der Ferne konnten wir schon unser nächstes Etappenziel erkennen: das Sandjoch auf 2.165 m. Bevor wir allerdings dorthin gelangten, schlängelte sich der Wanderweg an kleinen, hölzernen Almhütten vorbei, stetig aufwärts, bis er wieder unebener wurde und wir zwischendurch über kleine Felsen kraxeln mussten.
Je näher wir dem Sandjoch kamen, desto frischer wurde der Wind, und auch der Himmel hatte sich wieder zugezogen. Doch all das konnte uns nicht die Begeisterung nehmen, denn wir wussten „Die österreichisch-italienische Grenze ist nah!“ Ein letzter Schritt und plötzlich standen wir in Italien. Als wir zurück blickten, sahen wir das Wipptal hinter uns liegen und abermals wurde uns klar, wie weit wir schon wieder gekommen waren. Hier oben gönnten wir uns erst einmal eine gute Jause und ließen den Blick in die Ferne wandern. Auf italienischer Seite konnten wir sogar bis zu den Dolomiten hinüber schauen, die von hier oben winzig klein wirkten. Die imposanteste Aussicht war aber zweifelsohne die auf den Gletscher, der rechts von uns immer mal wieder ins Sonnenlicht getaucht wurde und in den schönsten Farben leuchtete.
Irgendwann fand auch unsere Verschnaufpause ein Ende und wir machten uns auf zum letzten Abstieg. Jetzt ging es auf italienischem Boden hinunter nach Gossensass und dieses letzte Stück fühlte sich in der Tat an wie ein Katzensprung. Wir plauderten munter und kamen so unserem Ziel immer näher. Noch 100 Meter, noch 50 Meter und dann hatte die Zivilisation uns wieder.
So plötzlich wie sie angefangen hatte, war die Alpenüberquerung dann auch schon wieder vorüber. Um viele schöne Erinnerungen hat sie uns bereichert: an neugierige Kühe, gutes Essen, dichten Nebel, lustige Ziegen und all die gewaltigen Aussichten, die uns die Alpen beschert haben. Diese Erinnerungen nehme ich wieder mit zurück ins etwas flachere Nordrhein-Westfalen und freue mich schon drauf, wenn mich das nächste Bergabenteuer ruft.