Die Skitourensaison neigt sich dem Ende zu. Wanderwege, Klettersteige und Felswände rücken wieder stärker in unser Bewusstsein. Um euer Wissen rund um den Klettersteig aufzufrischen, haben wir in diesem Beitrag die 10 Klettersteig-Regeln kurz und kompakt für euch zusammengefasst. Die Infos basieren auf den Empfehlungen des Club Arc Alpin (caa), dem Dachverband der großen Bergsportverbände des Alpenbogen.
Regel Nr. 1: Sorgfältig planen
Planung ist der Schlüssel für sichere und genussvolle Klettersteigtouren. Nehmt euch vorab genug Zeit, um Informationen über euer Vorhaben zu sammeln. Findet heraus, welche Anforderungen der Klettersteig an euch stellt und ob ihr diesen gewachsen seid.
Ein guter Klettersteigführer präsentiert übersichtlich alle notwendigen Infos zur Anfahrt, Zustieg, Schwierigkeit, Länge des Klettersteiges, Abstieg und notwendiger Zusatzausrüstung. Der Routenverlauf und die jeweiligen Schwierigkeiten (dargestellt im sogenannten “Topo”) findet ihr auf diversen Plattformen bei Tourismusverbänden und Seilbahnen. Die ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik), informiert euch über den aktuellen Wettertrend in Österreichs Regionen.
Regel Nr. 2: Selbsteinschätzung
Welchen Schwierigkeitsgrad traut ihr euch zu? Wichtig ist, dass ihr euer Ziel den persönlichen Voraussetzungen anpasst und den Klettersteig im Hinblick auf eure eigenen Kletter-Fähigkeiten auswählt. Zu hoch gewählte Schwierigkeiten mindern das Erlebnis und können zu gefährlichen Situationen führen. Daher ist eine realistische Selbsteinschätzung bei der Tourenplanung wichtig. Achtet allerdings nicht nur auf den Schwierigkeitsgrad des Steigs, sondern auch auf den Gesamtanspruch der Tour.
Regel Nr. 3: Vollständige, normgerechte Ausrüstung verwenden
Klettergurt, Klettersteigset und Helm: Nur die konsequente und richtige Anwendung der Ausrüstung ermöglicht eine sichere Begehung von Klettersteigen. Für den Notfall sind euer Erste-Hilfe-Paket und Mobiltelefon, auf dem wichtige Nummern oder die Notfall App gespeichert sind, dabei. Die Notfallnummern der Bergrettung (140) und des Europäischen Notruf (112) sind mit jedem Handy und in jedem verfügbaren Netz erreichbar. Mehr Infos zum richtigen Verhalten bei einem Notfall erfahrt ihr im Beitrag “Alpiner Notfall: 6 Schritte für Erste Hilfe am Berg”.
Checkliste Grundausrüstung
- Rucksack mit ca. 35 – 40 Liter Volumen (sollte klettertauglich sein)
- Knöchelhohe Bergschuhe mit Profilsohle oder Klettersteigschuhe
- Gut sitzender Klettergurt. Dieser besteht aus Hüftgurt und Brust- oder Kombigurt. Letztere sind besonders bei Kindern oder etwas beleibteren Menschen empfehlenswert.
- Neuwertiges Klettersteigset mit Bandfalldämpfer (kann ausgeliehen werden)
- Steinschlaghelm
- Vollständige alpine Notfallausrüstung
- Mobiltelefon
- Zweckmäßige Wanderbekleidung (T-Shirts, Trekkinghose, Wandersocken)
- Warme Zusatzbekleidung (Pullover, Mütze, Handschuhe)
- Anorak und Überhose, wind- und wasserdicht (z.B. Goretex)
- Wasserflasche & Snack (z.B. Energieriegel)
TIPP: Rucksäcke mit Trinksystem sind Gold wert – ohne mühevolles kramen im Rucksack könnt ihr jederzeit Flüssigkeit zu euch nehmen.
Regel Nr. 4: Bei Gewittergefahr nicht einsteigen
Gewitter können besonders in den Bergen eine große Gefahr darstellen. Exponierte Stellen (Gipfel- oder Kammnähe) und Drahtseile erhöhen die Einschlaggefahr. Und Blitzschlag bedeutet Lebensgefahr. Begleitet werden Gewitter meistens von Temperaturstürzen, Sturm und peitschenden Regenschauern. Regen, Nässe und Kälte erhöhen das Sturzrisiko. Sollte sich ein Gewitter ankündigen, verschiebt eure Klettertour lieber auf einen anderen Tag.
Was tun, wenn euch doch ein Wärmegewitter überrascht? Ausführliche Infos und hilfreiche Tipps dazu findet ihr im Beitrag “Gewitter in den Bergen: was es zu beachten gibt”.
Regel Nr. 5: Drahtseil und Verankerungen kritisch prüfen
Steinschlag, Schneedruck, Frostsprengung oder Korrosion können Schäden an der Steiganlage verursachen. Jeder Klettersteig hat einen Halter, der die gesamte Steinlage regelmäßig wartet und sie auf den einwandfreien Zustand kontrolliert. Die meisten Klettersteige sind über den Winter gesperrt und öffnen im Frühjahr, nachdem beschädigte Elemente ausgetauscht wurden. So kommt es mitunter vor, dass Sperrtafeln den Einstieg verbieten. In diesem Fall greift ihr auf Plan B zurück: Plant immer eine Alternativ-Route ein – dann bleiben euch Ärger und Zeit erspart.
Regel Nr. 6: Partnercheck am Einstieg
Der gegenseitige Partnercheck ist ein vom Klettern übernommenes Ritual, um Flüchtigkeitsfehler aufzudecken. Folgende Punkte sollt ihr bei eurem Partner kontrollierten. Und zwar durch beherztes Hingreifen und Anziehen:
- Ist der Klettergurt korrekt angelegt? Sind keine Bänder verdreht und die Schnalle korrekt geschlossen?
- Ist das Klettersteigset korrekt mittels Ankerstich mit dem Gurt verbunden?
- Kann das Klettersteigset korrekt funktionieren, der Bandfalldämpfer ungehindert aufreißen?
- Sitzt der Helm korrekt am Kopf?
Wenn das alles passt, dann geht’s endlich los.
Regel Nr. 7: Ausreichende Abstände einhalten
Neben Steinschlag und schwierigen Wetterverhältnissen stellen auch Stürze eine große Gefahr dar. Stürzt jemand auf dem Klettersteig, so besteht die Gefahr, dass er andere, die mit wenig Abstand nachklettern, mitreißt. Deswegen besagt Regel Nr. 7, dass pro Sicherungssegment (Fixpunkten) nur eine Person unterwegs sein darf.
Regel Nr. 8: Klare Absprache beim Überholen
Kommunikation und Rücksichtnahme verhindern gefährliche Situationen bei Überholmanövern oder Gegenverkehr. Kommunikation ist alles. Der Austausch über das Wohlbefinden, auftretende Bedenken, die Wettersituation und taktische Maßnahmen in der eigenen Gruppe sollte klar sein. Auch der respektvolle Umgang mit anderen Kletterbegeisterten ist ein wesentlicher Punkt. Der Klassiker ist das Überholen: sprecht euch darüber mit der betroffenen Person ab. Bei der nächsten sicheren Stelle könnt ihr dann ohne Probleme überholen.
Regel Nr. 9: Achtung Steinschlag!
Nur achtsames Steigen verhindert Steinschlag. Klettersteige sind meist stärker frequentiert als alpine Kletterrouten. Das erhöht das Risiko eines Steinschlages. Daher: achtsam Steigen. Auch Temperaturschwankungen wirken auf das Gestein, was bedeutet, dass es sich von der Felswand lösen kann. Was tun, wenn es zum Steinschlag kommt? Drückt euch so rasch wie möglich an die Felswand und haltet den Kopf aufrecht, um euren Nacken zu schützen.
Regel Nr. 10: Natur und Umwelt respektieren
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Fahrgemeinschaften anreisen. Müll und Lärm vermeiden. Als bergbegeisterte Naturbenutzer müssen wir daran interessiert sein, dass unser „Spielplatz“ für die kommende Generation möglichst urtümlich erhalten bleibt. Das ist im Zusammenhang mit dem Erbau von Klettersteigen ohnehin eine sprichwörtliche Gratwanderung.
Die 10 Klettersteig Regeln bilden die Grundlage, um risikobewusst und eigenverantwortlich einen Klettersteig begehen zu können. Zusätzlich zu den theoretischen Grundlagen empfehlen wir jedem Klettersteig-Neuling, sich bei einem unserer Ausbildungskurse von den zertifizierten ASI Bergführern entsprechend instruieren zu lassen. Hier findet ihr alle Klettersteigreisen mit der Alpinschule Innsbruck.
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