Die Mojave-Wüste. 48°C. Die sengende Sonne brennt unerbittlich hinunter. Kaum etwas bewegt sich je am Tag, nur hier und da weht ein Salzkraut über den Wüstenboden.
Die meisten Wüstenbewohner meiden die Mittagshitze; sie sind nachtaktiv. Nur eine kleine Gruppe bahnt sich unaufhaltsam Ihren Weg durch die Wüste und hinterlässt dabei ihre Spuren im Sand. Schleppend geht es voran, noch nie konnte jemand sie wandern sehen. Die Rede ist von den Nomaden des Death Valley Nationalparks im Westen der USA. Das Besondere daran? Diese Nomaden haben ein Herz aus Stein.
Das Tal des Todes schimmert bunt
Death Valley, das “Tal des Todes“. Der Name des Nationalparks, der zum größten Teil zu Kalifornien und zum anderen Teil zu Nevada gehört, erweckt zunächst keinen besonders einladenden Eindruck. Tatsächlich ist er ein Ort der Extreme. In den USA wird es nirgendwo sonst so heiß, kein anderer Ort ist so trocken und keine Schlucht so tief wie im Death Valley in der Mojave-Wüste. Ein Ort, von dem man sich besser fernhalten sollte – oder?
In Wahrheit ist der Name des Nationalparks irreführend. Ja, es ist einer der heißesten und trockensten Orte der Erde. Aber trotz der extremen Umstände ist es keinesfalls karg und trostlos.
Der Name „Death Valley“ ist noch relativ jung. Pioniere und Goldgräber nannten so diese Landschaft, die ihnen karg und unwirtlich vorkam, als sie Mitte des 19. Jahrhunderts dort ankamen. Etwas weniger tödlich, aber nicht weniger spektakulär ist der ursprüngliche Name des Nationalparks.
Die Indigenen, die seit Jahrhunderten das Death Valley bewohnen, sollen es „Tomesha“ genannt haben. Übersetzt wird das mit Ground Afire, also „in Flammen stehender Boden“. Dieser Name könnte seinen Ursprung zum einen an den enormen Temperaturen in der Mojave-Wüste haben. Nicht unwahrscheinlich wäre aber auch der Anblick als Namensgeber, das sich vor einem darbietet.
Faszinierende Farbspiele und Muster prägen die Landschaft in der Wüste. Die Gipfel der höchsten Berge glänzen weiß vom Schnee, die tiefgelegenen Salzseen glänzen weiß von den Mineralien. Dazwischen funkelt die Fels- und Wüstenwelt in den unterschiedlichsten Farben. Das liegt an den verschiedenen Metallen im Boden, die sich bei der Entstehung des Tales vor über 3 Millionen Jahren in verschiedene Berg- und Talmuster gebildet hatten.
Leben im Death Valley
Noch mehr Farbspiele gibt es nach einem der seltenen Regenfälle zu bewundern. Nach einem der Stürme, die immer wieder durch die Wüste fegen, erwacht die Wüste sprichwörtlich zum Leben. Grüne Flächen und bunte Blüten bedecken dann den Wüstenboden. Death Valley ist der perfekte Beweis, dass das Leben immer einen Weg findet.
Dickhornschafe, Kojoten, viele verschiedene Zugvögel, Klapperschlangen und Echsen kreuchen und fleuchen über den Wüstenboden. Auch heute noch leben Menschen im Death Valley: die Timbisha Shoshonen, ein Indianerstamm, der das Herz des Death Valley sein Zuhause nennt. Sie leben in einem ausgewiesenen Bereich des Parks.
Den Spuren folgen
Menschen, Tiere, Pflanzen – sie alle hinterlassen ihre Spuren im Death Valley. Die meisten dieser Spuren werden schon bald von den Wüstenwinden verweht. Wandert man längere Zeit über den ausgetrockneten Salzsee, fallen mit der Zeit noch ganz andere Spuren auf.
Es sind Schleifspuren. Breit und ohne einmal abzusetzen ziehen sie sich über den trockenen Wüstenboden. Einigen davon kann man über mehrere Kilometer lang folgen. Dabei wechselt die Spur auch mal abrupt ihre Richtung, verläuft in Zickzackform über den Wüstenboden oder formt sich zu einer Kurve. Wer oder was könnte der Urheber solcher Spuren sein? Oder ist man gar einem Verbrechen auf der Spur?
Im Antlitz des steinernen Wanderers
Wer dem Geheimnis auf die Spur kommen möchte und den Spuren geduldig folgt, wird nicht schlecht staunen, denn der Urheber der Spuren hat im wahrsten Sinne ein Herz aus Stein. Kühl und trocken liegt er auf dem Wüstenboden, regungslos – der wandernde Fels.
Das hätte man sich jetzt vielleicht spannender vorgestellt, als dass nach all dem Spurenlesen am Ende ein Stein vor einem liegt. Dann kann man sich ja etwas Spannenderem zuwend … Moment: Wie hat sich der Stein dorthin bewegt? Andere Spuren als die der Steine sind nämlich nicht zu sehen.
Was bringt den Stein ins Rollen?
Was hat also den Felsen in Bewegung versetzt? War es etwa der Wind? Die Windstärke im Death Valley reicht immerhin aus, um die Salzkräuter über den Wüstenboden zu pusten. Die charakteristischen Sträucher kennt man aus früheren Westernfilmen, wenn sie von einer zur anderen Seite über den Wüstenboden wehen, um Einöde und Trostlosigkeit auszudrücken. Diese Sträucher wiegen jedoch nur einen Bruchteil dessen, was ein wandernder Fels an Gewicht hat: diese bringen durchaus bis zu 350 kg auf die Waage (Und ja, es gibt Menschen, die Felsen abwiegen).
Sind hier höhere Kräfte am Werk?
Wenn eine so schwere Masse in Bewegung gesetzt wird, müssen also größere Kräfte am Werk sein. Von höheren Mächten über elektromagnetische Kräfte bis hin zu menschlichem Schabernack wurden die verschiedensten Theorien diskutiert.
Große Einflüsse kommen nicht nur von oben, sondern auch von direkt unter unseren Füßen. Die Erde, auf der wir leben, ist von einem Magnetfeld umgeben und durchdrungen. Dieses entsteht durch Wirbel im äußeren, flüssigen Teil des Erdkerns. Gut denkbar, dass diese Kräfte auch Einflüsse auf die Objekte auf der Erdoberfläche haben können. Aber nein, das ist es auch nicht.
Des Steinrätsels Lösung
Im Jahr 2014 wurde schließlich das Rätsel um die wandernden Felsen gelöst. Da gelang es Forschern erstmals, die Steine in Bewegung zu filmen. Sichtbar wird das Phänomen erst durch Zeitraffer-Aufnahmen. Und dank dieser kann das Rätsel der wandernden Felsen wissenschaftlich erklärt werden.
Damit sich die wandernden Felse in Bewegung setzen, müssen diese Dinge eintreffen:
- Regen am Vortag
- Temperaturen unter null in der Nacht
- Sonnenschein am nächsten Tag
- Starker Wind (also doch!)
Das Ganze funktioniert dann so:
Wenn es am Vortag stark geregnet hat und die Temperaturen über Nacht in den Minusbereich fallen, gefriert die dünne Wasserschicht auf dem Boden der Salzwüste. Nun wird es knifflig: am folgenden Tag müssen starke Winde über den Wüstenboden fegen, damit sich die Steine in Bewegung setzen. Dies geschieht allerdings nur, wenn die Sonne die Eisschicht, auf der die Felsen liegen, in Schollen brechen lässt. Diese Schollen lösen sich dann und schwimmen auf der angetauten Wasserschicht unter ihnen dahin, angetrieben vom Wind.
Die Steine selbst sind nur Mitfahrer und „surfen“ quasi auf den Schollen unter ihnen. Durch ihr Gewicht entstehen die Furchen im Wüstenboden. Ganz schön viele Faktoren also, die im richtigen Moment zusammenspielen müssen.
Warum konnte so lange keine Lösung gefunden werden?
Das Phänomen konnte also rein wissenschaftlich erklärt werden. Wie konnte es dann so lange dauern, bis eine Lösung für das Rätsel um die steinernen Wanderer gefunden wurde?
Die Erklärung liegt im Auge des Betrachters. Mit bloßem Auge konnte nämlich bisher noch niemand die Bewegung der wandernden Felsen beobachten. Die Felsen bewegen sich nämlich maximal wenige Meter pro Minute fort. Wobei: wenige Meter pro Minute? Sollte es nicht auffallen, wenn ein Stein nach einer Minute zwei Meter weiter rechts liegt?
Grundsätzlich ja. Nur hat es die Wüste so an sich, dass die Oberfläche erstmal überall gleich aussieht. Gerade in der Salzwüste des Death Valley geben weder Sträucher noch Erhebungen einen Kontrast – es fehlt der Referenzpunkt. Deshalb ist und bleibt die Bewegung der steinernen Wanderer für das menschliche Auge unsichtbar.
Extreme im Death Valley Nationalpark
Wüste mit Tiefgang
An seinem tiefsten Punkt liegt Death Valley 85,5 Meter unter dem Meeresspiegel.
Trockener Humor
Death Valley ist der trockenste Nationalpark in den USA und eines der trockensten Gebiete der Erde.
Ganz schön heiß
Die weltweit heißeste Tagestemperatur wurde im Death Valley am 10. Juli 1913 gemessen. Satte 56,7°C brannte die Sonne an diesem Tag in die Wüste. In der Nacht kühlt es übrigens nicht zwingend ab, auch dann kann es bis über 40°C heiß werden.
Naturspektakel
Etwa alle 10 Jahre fegen starke Stürme durch das Death Valley, die seltenen und sintflutartigen Regen mit sich bringen. Das letzte Mal war das im Oktober 2015 der Fall. Im Frühjahr 2016 folgt ein wahres Naturwunder. Der Regen ließ eine unfassbare Blütenpracht aufleben, die zuvor in der Erde geschlummert hatte.
Bleib weiter auf der Spur!
- Das Phänomen – ein Video: Mysteriöser Stein wandert durch die Wüste.
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