Island im Winter – das ist wie Eis essen bei Minusgraden. Zahlreiche Erwartungen sprudelten mir durch den Kopf: Würden wir die Nordlichter sehen? Wie fühlten sich die Tage an, wenn es erst um 10.00 morgens hell sein würde? Die Spannung war groß – ich freute mich auf ständig wechselnde Lichtstimmungen, eisige Kälte, ewige Weite, Gletscher, Schneefelder und einsame wilde Strände mit tosenden Wellen.
Ankunft in Island
Samstag 26.12.2015,16:30 h: Landung in Keflavik – strömender Regen, Eisfahrbahn … ja, das muss Island sein.
Mit dem Koffer in der Hand verlasse ich die Gepäckannahme und schon springt mir der Schnauzbart in der grünen ASI Jacke förmlich ins Gesicht – Gustl, der zumindest optisch schon gut nach Island passt, unser Guide für die kommende Woche. Alle Schäfchen eingesammelt geht es im retro-grünen Bus und unserem isländischen Fahrer Birgir ab nach Hveragerdi (gesprochen “Kveragerdi”). Nach fast 1,5 h erreichen wir das Örtchen mit den Gewächshäusern … diese kleine isländische Stadt ist irgendwie eine Stadt und irgendwie nicht – halt etwas isländisch verschlafen. Das Islandwetter heißt uns willkommen – der Schnee der letzten Tage hatte sich innerhalb von Stunden in Eisplatten verwandelt und somit war schon die “Wanderung” mit Koffern vom Bus zur Hotelrezeption ein kleiner Hindernisparcour und Gustl war froh als alle ohne Knochenbrüche ihre Zimmer bezogen hatten.
Daumen drücken für die Nordlichter
Am Abend gab es die typische ASI Begrüßungsrunde und man beschnupperte sich erstmals. Schnell war klar, das viele ein klares Wochenziel vor Augen hatten: die NORDLICHTER. Und ja, das wäre schon etwas, dachten wir alle und so wurde es ein “Running Gag” für die 7 Tage – das Wort Nordlichter fiel gefühlte 500 mal und so “crossten wir fingers” jeden Abend, Tag für Tag … ja sogar der Nachtportier im Hotel erhielt eine Zimmerliste und wurde instruiert uns sofort aus dem Bett zu jagen, sollte auch nur das geringste Anzeichen von grünem Licht am Himmel sichtbar werden. 5 Tage blieb das Hotel Örk unser Domizil und verwöhnte uns mit köstlichstem Essen. Neben viel Gemütlichkeit und Herzlichkeit im Hotel, waren Gustl, Uli aus Berlin und ich begeistert vom Keller … denn: zu unserer Freude gab es eine Tischtennisplatte und einen Billardtisch!
In der Früh ging es stets um neun Uhr los,es fühlte sich an wie Mitternacht, denn bis zehn Uhr blieb es stockfinster. Halbverschlafen lauschten wir Gustls Informationen, die themenbezogen auf unsere Tagesausflüge angepasst waren, am Nachmittag gab es immer die obligatorische Sagengeschichte. Wir besuchten mehrere Wasserfälle, der Gullfoss überrascht mich … in einem gigantischen Talschluss rauschen Millionen Liter in die Tiefe, die Hänge sind zugefroren und ein Teil des Wasserfalls ist komplett in Eis gehüllt – ein unfassbar schöner Anblick.
Neuschnee und heiße Quellen
Eines der Highlights sollte Tag 3 werden – als wir in der Früh aufstanden, schneite es fingernagelgroße Flocken und in der Nacht gab es 20 cm Neuschnee – die perfekte Ausgangslage für unsere Schneeschuhwanderung ins “Rauchtal” Reykjadalur. Wir gehen fast meditativ eine Stunde bis es anfängt zu dämmern, alles ist in diffuses Licht gehüllt und der Himmel ist farblich kaum vom Schnee zu unterscheiden. Nur schwache Konturen lassen sich erkennen. Doch dann haben wir Glück und sehen für fünf Minuten den atemberaubend schönen Sonnenaufgang über den Berghängen.
Kurze Zeit später ist der Himmel wieder wolkenverhangen. Nach drei Stunden Fußmarsch erreichen wir eine heiße Quelle, die an einem Bachlauf liegt. Einige von uns zögern nicht lange und packen die Gelegenheit am Schopf, mit einem Seufzen tauchen wir ein in die wohltuende Wärme des Hot Pools. Der Kontrast zwischen dem warmen Wasser auf der Haut und der klirrender Kälte erzeugt ein Kribbeln in mir. Ich fühle mich lebendig, so unglaublich lebendig!
Wie man sich Winter in Island vorstellt
Der nächste Tag brachte wieder spannende Wetterphänomene und vor allem viel Spaß – auf dem Parkplatz warteten in der Früh “Ingi” – ein isländisches Urgestein – und sein Kumpel “Andreas” mit 2 Superjeeps. Diese Fahrzeuge sieht man hier ständig, ihre XXL-Zoll-Reifen gehen mir fast bis zur Brust. Unser erster Stop ist ein kilometerlanger Strand – Wind und Regen peitschen gegen die Fensterscheiben. Auf und ab, geht es mit den Fahrzeugen über Dünen und schwarzen Sand. Bald türmen sich vor uns meterhohe Wellen auf und zum ersten Mal sehe ich Eisgischt. Wir steigen aus, der Sand peitscht uns ins Gesicht, wir können nur 10 Minuten gegen die orkanartigen Böen ankämpfen und dann spült mir plötzlich eine Welle von hinten über die Füße. Das kalte Wasser rauscht mir in die Schuhe, aber das ist es wert.
Anschließend brechen wir weiter ins Tal von Thorsmörk auf, wo wir eine weitere Schneeschuhwanderung unternehmen. Die Jeeps kämpfen sich eine Stunde durch Schlamm, Wasser und Eis – die Berghänge rundherum sind wieder einmal in den Wolken versteckt. Als wir unser Ziel erreichen, zieht es auf und wir können die Gletscherzunge sehen. Einige von uns überqueren einen Fluss und besuchen die Eisgrotte unter der Zunge. “Wahnsinn, wenn man bedenkt, wie alt dieses Eis schon ist”, sagt Jürgen zu mir. Zurück im Jeep, höre ich hinter mir ein zufriedenes Schnaufen: “So hab ich mir Island im Winter vorgestellt”, sagt Anette und grinst übers ganze Gesicht – die Nordlichter waren vergessen.
Der Jahreswechsel in Island
Die letzten zwei Tage und somit den Jahreswechsel verbrachten wir in Reykjavik. Die Stadt ist wie ein kleines Dorf mit Hafen, versprüht aber dennoch einen undefinierbaren Charme. Vielleicht liegt das an den “niedlichen” nordischen Häusern oder an dem Mix aus urbanen Gebäuden, deren Wände mit Street Art bemalt wurden, den gemütlichen Lokalen, trendigen Bars und kreativen Menschen. Bei Schneewirbel und nicht enden wollenden Geböller starten wir ins Jahr 2016. Was für ein Jahresbeginn!
Am letzten Tag regiert das isländische Wetter unseren Tag – die Straße zur Reykjanes Halbinsel ist gesperrt und so machen wir, um es mit Gustls Worten zu sagen, eine tolle “Freestyle-Wanderung” entlang der Küste.
Als wir uns einen Tag später in der Hotellobby von Gustl verabschieden, haben wir eine Woche “Island im Winter” im Gepäck. Die Nordlichter haben wir zwar nicht gesehen, aber dennoch sind mein Kopf und Herz gefüllt mit eindrucksvollen Bildern und einzigartigen Momenten. Das bedeutet wohl, dass wir noch einemal wiederkommen müssen, um einen Blick auf die tanzenden Lichter des Nordens zu erhaschen.
Bis bald Island!
Nicht nur zum Jahreswechsel könnt ihr mit ASI nach Island, auch während des ganzen Jahres haben wir Wander- und Schneeschuhreisen in Island im Programm.